Lebenslauf
Lebenslauf
Als ich vor 20 Jahren geboren wurde, war ich noch sehr jung und
unerfahren. Meine Eltern waren gerade nicht zu Hause. Sie waren auf
dem Feld Kartoffeln holen. Es war nicht unser Feld, aber wir holten
dort immer Kartoffeln.
Jetzt ist mein Vater im Gefängnis, wegen seinem
Glauben. Er glaubte, seine Miete nicht zahlen zu müssen.
Ich war nicht alle Kinder, die wir hatten. Wir waren
zu Hause 30 Geschwister - 20 Jungen, 9 Mädchen und ein Blindgänger.
Wir schliefen alle in einem Bett und einem Zimmer mit
Gasmaske. Das Handtuch stand hinter der Tür. Da wir nur
ein Bett hatten, war es mit dem Schlafen meist sehr schwierig. Das
erste Kind wurde ins Bett gelegt und wenn es eingeschlafen war, wurde
es herausgenommen und an die Wand gestellt. Dann kam das nächste an
die Reihe. Nur mit dem Wecken war es sehr schlecht. Ich bin mal 10
Tage stehen geblieben und niemand hat es gemerkt. Wir
waren eine sehr musikalische Familie. Meine Mutter nähte auf einer
Singer-Nähmaschine und mein lieber Vater saß im Sing-Sing. Einer
meiner Brüder war Sänger. Er sang immer tiefer und jetzt brummt er
schon seit 2 Jahren. Am musikalischsten war eine kleine Schwester von
mir. Sie ging irgendwann flöten, haute ab. Wir waren
auch eine intelligente Familie. Einer meiner Brüder ist auf der
Universität in Heidelberg. Er steht dort in Spiritus, weil er zwei
Köpfe hatte. Ein anderer meiner Brüder ist
Verwandlungskünstler. Er geht mit einem alten Mantel in ein Cafe und
kommt mit einem neuen heraus. Ein dritter ist Klempner.
Was er am Tage klemmt, wird in der Nacht verlötet. Wir alle heißen
Emil, bis auf Paul, der heißt Fritz. Meine Schwestern sind alle sehr
dünn. Die eine musste immer zweimal ins Zimmer kommen, bis man sie
sah. Eine hat Zwillinge bekommen, die sehen sich sehr ähnlich,
besonders der Eine.
Als ich 6 Jahre alt war, kam ich in die Schule. Ich war immer der
Liebling der Lehrer.
Verschiedene Klassen durfte ich sogar zweimal besuchen. Einmal wurde
ich in der Biologiestunde gefragt: "Welchen Beruf hatte Göthe in
Faust?" Ich sagte: "Damenschneider". "Warum?", fragte der Lehrer? Ja,
sagte ich. Als er in das Zimmer von Gretchen kam, rief er: "Hier
möchte ich säumen."
Ein andermal in der Rechenstunde: "Wenn ihr beim Fleischer 15.- €
Schulden habt,
beim Bäcker ebenfalls 15.- € und beim Kaufmann 120 .- €, wie viel habt
ihr dann zusammen?" Meine Antwort: "Das weiß ich nicht, denn dann
ziehen wir meistens um."
Brachten wir gute Zeugnisse nach Hause, bekamen wir damals einen
Pfennig für die Sparbüchse. Bekamen wir schlechte Zeugnisse, kriegten
wir mit dem Ausklopfer haue.
War die Sparbüchse voll, wurde ein neuer Ausklopfer gekauft.
Später kam ich zu einem Schmied in die Lehre. Er gab mir einen Hammer
in die Hand und sagte: "Wenn ich mit dem Kopf nicke, dann schlag zu".
Er nickte nie wieder.
Dann wurde ich Vertreter. Mein Chef war sehr neugierig und fragte
mich, was ich denn vorher war. Ich sagte, ich habe Ölsardinen die
Augen zugedrückt, bevor sie in die Büchse kamen. Außerdem fiel ihm
auf, dass ich eine sehr langsame Aussprache hatte und er fragte mich,
ob ich überhaupt etwas schnell könne. Ich antwortete: "Ja, ich werde
schnell müde".
Und das ist bis heute so geblieben.
Mit schläfriger höherer Achtung
ihr sich unterwerfender
WERNER :-)
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