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Wer von diesem Brote isst...- Katechese

Kardinal Dr. Christoph Schönborn - Katechesen
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Ich, Kardinal Dr. Christoph Schönborn, begrüße sie und möchte sie einladen, meine Katechesen zu lesen.

Katechesen 2003/2004
8
. Jahresreihe - 8. Katechese, 2004-05-09

"Wer von diesem Brote isst . . ." Kommunion und Heilige

O heiliges Gastmahl, in dem Christus unsere Speise ist, Gedächtnis seines Leidens, Fülle der Gnade, Unterpfand der künftigen Herrlichkeit (Antiphon zum Magnificat der 2. Vesper von Fronleichnam; KKK 1402).

In der heutigen Katechese kommen wir zum dritten und letzten Teil der Heiligen Messe, zur Kommunion. Wer in die Praxis des Gottesdienstes ein wenig eingeübt ist, kennt die Worte, die vor der Kommunion gesprochen werden: „O Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Das ist ein Wort, das aus dem Evangelium genommen ist: „O Herr, ich bin nicht würdig, dass du in mein Haus eintrittst“, unter mein Dach eingehst. – Für heutige junge Menschen ist das Wort eingehen etwas fremd geworden. „Dass du eingehst unter mein Dach“, ist die alte Bibelübersetzung. Der römische Hauptmann kommt wegen seines Knechtes zu Jesus und sagt, er möge ihn heilen. Aber da er ein Heide ist, ein Römer, und weiß, dass ein gläubiger Jude nicht in das Haus eines Ungläubigen kommen darf, sagt er dieses so berührende Wort: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du in mein Haus kommst, aber sprich nur ein Wort, dann wird mein Knecht gesund“ (Mt 8,8). Seit vielen Jahrhunderten wird dieses Wort als Gebet vor der Kommunion gesprochen. Wir identifizieren uns mit diesem römischen Hauptmann und bekennen, dass wir unwürdig sind, dass der Herr zu uns, in unser Haus, in unser Leben kommt.

Es geht heute um die Kommunion, nicht in einem Lehrvortrag, sondern in einer Katechese. Zur Katechese gehört auch Lehre, aber wörtlich sagt das Wort Katechese, dass es ein „Echo von oben“ sein soll, sozusagen ein Echo auf die Lehre, ein Staunen über das, was wir hören und tun, über das Große, was in der Kommunion geschieht, also nicht einfach nur Lehre, sondern Besinnung, vielleicht sogar Erschütterung über das Große, das in der Kommunion geschieht, auch wenn wir so oft nicht oder zu wenig daran denken.

Ich möchte in drei Schritten vorgehen nach der Ordnung der Liturgie, beginnen mit der Vorbereitung auf die Kommunion, dann den Empfang, schließlich sozusagen den Nachklang, was aus ihr wird, wenn wir sie empfangen, wenn wir sie recht empfangen. Ich möchte auch nicht den schwierigen, strittigen Fragen ausweichen, die mit dem Kommunionempfang verbunden sind: Wer darf unter welchen Bedingungen und Umständen die Kommunion empfangen und wer nicht? Ich denke, hier gibt es vor allem drei schwierige Punkte, die wir nicht vermeiden dürfen, wenn wir von der Kommunion sprechen. Die erste Frage wird vielleicht zuwenig oft ausdrücklich gestellt: Wie ist meine persönliche Verfassung? „O Herr, ich bin nicht würdig“ – was heißt das, das wir jedes Mal vor dem Empfang der Kommunion sagen? Ist das eine Formel, eine Floskel? Was bedeutet das für das Hinzutreten oder vielleicht auch Nichthinzutreten zur Kommunion? Das zweite, häufig zu hörende, schwierige Thema, immer wieder wie eine Wunde aufbrechend, ist die Frage des Sakramentenempfangs für Wiederverheiratete Geschiedene, eine Gruppe von Menschen, die in unserer Zeit sehr zahlreich ist und deren Situation in der Kirche und speziell beim Sakramentenempfang äußerst schwierig und schmerzlich ist. Schließlich die dritte, ebenfalls sehr umstrittene Frage: Wie steht es mit der eucharistischen Gemeinschaft über die Grenzen der Konfessionen hinweg, die so genannte Interkommunion zwischen Katholiken und Protestanten oder auch mit den anderen christlichen Kirchen und Konfessionen? Also durchaus schwierige und kontroverse Fragen.

I.
Beginnen wir mit der Vorbereitung. Auf alle wichtigen Momente im Leben bereiten wir uns vor. Es kann auch geschehen, dass wir unvermittelt, unvorbereitet in eine ganz wichtige und lebensverändernde, entscheidende Situation hineingeworfen werden. Aber normalerweise, wenn wir auf etwas Großes zugehen, bereiten wir uns darauf vor. Diese Vorbereitung geschieht in zwei Phasen, die unmittelbare Vorbereitung, die manchmal hektisch sein kann, vor allem dann, wenn sie nicht durch eine langfristige Vorbereitung begleitet wurde. Ein ganz einfaches Beispiel: Wir erwarten einen hohen Gast. Was tut man? Die unmittelbare Vorbereitung ist klar. Das Haus wird geputzt, alles vorbereitet, man versucht, Ordnung zu machen, wo der Blick des hohen Gastes hinfallen könnte, und versteckt die Unordnung dort, wo er wahrscheinlich nicht hinschauen wird. Man zieht sich besser an, man sammelt sich, man bereitet sich vor: Was werde ich sagen? Was werden wir zu reden versuchen? Innere und äußere Vorbereitung. Aber in solchen Momenten zeigt sich natürlich auch, ob es eine langfristige Vorbereitung gibt. Das hat mit dem Lebensstil, mit Grundeinstellungen, mit Erziehung, mit der eigenen Arbeit an sich selber durch Jahre, Jahrzehnte vielleicht zu tun. Das ist auch Vorbereitung für einen wichtigen, großen Moment im Leben, die dann tragend wird, wenn dieser Moment kommt.

Es gibt eine zielgerichtete und eine allgemeine Vorbereitung. Erziehung ist eine allgemeine Lebensvorbereitung. Die Arbeit an sich selbst ist Vorbereitung im weiteren Sinn. Dann gibt es die zielgerichtete Vorbereitung auf ein Ereignis, so wie jetzt auf den großen Mitteleuropäischen Katholikentag bzw. die Wallfahrt der Völker, die diesen Katholikentag, der ja schon ein ganzes Jahr lang dauert, abschließen wird. Intensive Bündelung aller Kräfte auf ein großes Ereignis hin, das es unter allen Facetten vorzubereiten gilt, damit es dann auch gelingen kann – Vorbereitung auf ein Ziel hin.

Wie steht es mit der Vorbereitung auf die Kommunion? Ich denke, in der Art und Weise, wie wir uns auf die Kommunion vorbereiten, kommt auch sehr stark zum Ausdruck, wie wir die Kommunion verstehen, was sie für uns bedeutet. Wenn wir darüber nachdenken, wen wir in der Kommunion empfangen, wer da kommt, dann wäre der Wunsch nach Vorbereitung entsprechend groß. Aber die Erfahrung zeigt, dass die Routine, die Gewohnheit diese Vorbereitung abschleift, dass wir sie leicht vernachlässigen. Es gibt freilich auch durch eine langjährige Praxis – ein immer wiederholtes Tun und das immer wiederholte Bemühen, es bewusst zu tun – so etwas wie eine Grundverfassung, eine Grundstimmung, möchte ich fast sagen, auf dieses Ereignis hin, so etwas wie eine Hintergrundmusik, die uns ständig begleitet. Ich weiß, am nächsten Sonntag, vielleicht sogar am nächsten Tag werde ich wieder zur Kommunion gehen. Das schwingt bewusst oder unbewusst in meinem Alltag mit. Der ganze Tag ist dann ein Hinleben auf diesen Moment oder ein Nachklingen von diesem Moment. Das gibt es, Gott sei Dank, auch. Das ist dann nicht einfach Routine, sondern so etwas wie eine Grundgestimmtheit, wie wenn das Instrument unseres Lebens auf diesen großen Moment hin gut gestimmt wäre.
Es gibt Hilfen zur Vorbereitung, bewusster auf diesen großen Moment der Kommunion zuzugehen. Sie können uns helfen, ich weiß nicht, wie weit das Nüchternheitsgebot vor dem Kommunionempfang heute noch in dem Bewusstsein der Christen, Katholiken lebendig ist. Die Älteren unter uns erinnern sich sehr gut, dass man früher ab Mitternacht nüchtern sein musste. Auch das versehentlich gegessene Zuckerl wurde dann zum Problem für den Kommunionempfang am Sonntagvormittag. Von Pius XII. (†1958) und dann mit der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils wurde hier durchaus in guter Absicht eine Erleichterung geschaffen, zuerst waren es drei Stunden, dann hat man sie schließlich – so steht es jetzt im Kirchenrecht, im Codex Iuris Canonici 1983 (can. 919 §1) – auf eine Stunde zurückgenommen. Natürlich kann man sagen, es gibt keinen wirklich zwingenden Grund für so ein Nüchternheitsgebot. Das Entscheidende ist nicht, ob ich jetzt gegessen habe oder nicht. Christus hat uns frei gemacht, wir hängen nicht von Speisevorschriften ab. Aber es ist eine Hilfe, ein „Erinnerer“, wie manche auf ihrem Handy eine Erinnerungsfunktion eingespeichert haben. Wenn es Zeit ist, dann piepst das Handy. Das Nüchternheitsgebot ist ein Erinnerer daran, dass wir nicht unbesonnen, unvorbereitet zur Kommunion gehen. Ich denke, eine Stunde ist hier psychologisch fast zu wenig. Das ist gerade die Zeit, die man braucht, um zum Gottesdienst zu gehen und dann eben eine Stunde vor der Kommunion nichts gegessen und höchstens Wasser getrunken zu haben, das ist erlaubt. Im Kirchenrecht heißt es, man soll „sich aller Speisen und Getränke mit alleiniger Ausnahme von Wasser und Arzneien zu enthalten.“ Ich denke doch, dass wir hier eine ganz einfache Stütze vernachlässigt haben. Wir brauchen leibliche Zeichen. Wir sind Menschen aus Leib und Seele. Wenn die Seele wach sein soll, braucht sie leibliche Zeichen dafür.

Ich erlaube mir eine gar nicht dogmatisch sondern praktisch gemeinte Bemerkung. Auch die Fleischabstinenz am Freitag ist nicht unbedingt notwendig. Das stimmt. Es ist früher manche Heuchelei damit getrieben worden, wenn man am Freitag teuren Fisch statt nicht so teurem Fleisch gegessen hat. Aber die Tatsache, dass alle Katholiken daran erinnert wurden, dass sie kein Fleisch essen sollen, das hat zumindest dazu geholfen, sich zu erinnern: Heute ist Freitag und an diesem Tag gedenken wir des Todes Jesu und damit unserer Erlösung. Natürlich hat uns Christus frei gemacht von solchen Regeln. Sie sind nicht heilsnotwendig, aber sie sind eine Hilfe.

Vorbereitung auf die Kommunion – was tun wir, wenn wir am Sonntag zum Gottesdienst kommen, um uns vorzubereiten? Dieses Geschehen ist eigentlich unfassbare: Wir glauben daran, dass das wirklich Christus ist, der in der Kommunion zu mir kommt? Unmittelbare Vorbereitung. Die ganze Messe ist eine große Vorbereitung auf die Kommunion. Das beginnt mit dem Schuldbekenntnis, mit dem Hören auf das, was Jesus uns als Lebensweisung sagt. Das geht weiter mit dem Gedächtnis der Heilstaten Gottes, was Gott in der Geschichte für sein Volk getan hat, bis hin zur Sendung Jesu, seinem Tod und seiner Auferstehung, die dann im Geschehen der Messe gegenwärtig werden: „Nehmt und esst, das ist mein Leib!“ So werden wir im großen Geheimnis des Glaubens, der Wandlung auf dieses Nehmen und Essen vorbereitet.

Die ganze Messe ist eine Vorbereitung auf die Kommunion. Da heißt es zum Beispiel im dritten Hochgebet, das man am häufigsten am Sonntag hört und mitbetet: „Stärke uns durch den Leib und das Blut deines Sohnes, und erfülle uns mit seinem Heiligen Geist, damit wir ein Leib und ein Geist werden in Christus.“ Wir bitten, dass der Heilige Geist uns hilft, die Kommunion richtig zu empfangen, dass etwas Fruchtbares daraus wird. Im zweiten Hochgebet heißt es schlicht: „Schenke uns Anteil an Christi Leib und Blut und lass uns eins werden durch den Heiligen Geist.“ Besonders eindrucksvoll aber auch sehr urtümlich, fast möchte ich sagen archaisch ist die Sprache im ersten Hochgebet, im so genannten römischen Kanon. Dort heißt es im dritten Gebet nach der Wandlung: „Wir bitten dich, allmächtiger Gott, dein heiliger Engel trage diese Opfergabe auf deinen himmlischen Altar vor deine göttliche Herrlichkeit. Und wenn wir durch unsere Teilnahme am Altar“ – deinem himmlischen Altar – „den heiligen Leib und das Blut deines Sohnes empfangen, erfülle uns mit aller Gnade und allem Segen des Himmels.“ Die ganze Messe ist Vorbereitung auf die Kommunion: „Nehmt und esst!“ „Nehmt und trinkt!“

Warum beginnt der Teil der unmittelbarsten Vorbereitung auf die Kommunion mit dem Vaterunser? Die Antwort ist klar und eindeutig. Die ganze Tradition hat das immer so gesehen: Die Brotbitte im Vaterunser ist auch die Bitte um die Kommunion. „Unser tägliches Brot gib uns heute“ ist auch die Bitte um den Leib des Herrn. Aber es wird immer auch daran erinnert: Vorbereitung auf die Kommunion ist auch die Bitte um Vergebung: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Hier wird bewusst: Die Bereitschaft zu vergeben, ist die Voraussetzung für einen guten Empfang der Kommunion.“ – Vorbereitung auf die Kommunion.

Ich habe ein Wort des hl. Augustinus mitgebracht, der in seiner mitreißenden Sprache – man müsste es fast lateinisch zitieren – wunderbar sagt, warum wir das Vaterunser beten, bevor wir den Leib des Herrn empfangen: „Warum wird es gesprochen, bevor man Leib und Blut Christi empfängt? Aus folgendem Grund: Wenn, wie es menschliche Gebrechlichkeit mit sich bringt, etwa unser Denken Ungehöriges auffasst, wenn unsere Zunge etwas Unrechtes herausredet, wenn unser Auge sich auf Unziemliches richtet, wenn unser Ohr etwas Unnötiges wohlgefällig angehört hat … dann wird es getilgt durch das Gebet des Herrn an der Stelle: Vergib uns unsere Schuld, damit wir beruhigt hinzutreten und wir nicht das, was wir empfangen, uns zum Gericht essen und trinken“ (Sermo Denis 6; J.A. Jungmann, Missarum Sollemnia II,351). Ein anderes Mal sagt Augustinus ganz im Sinne der Vorbereitung: Das Vaterunser ist wie das Waschen des Gesichtes, bevor man zum Altar hinzutritt, damit man mit frischem, gewaschenem Gesicht zu Christus kommt (vgl. Sermo 17,5,5 [PL 38,127]; ebd.).
Der Vorbereitung dienen auch die weiteren Gebete. Sie sind den meisten von Ihnen vertraut: „Erlöse uns, Herr, … von allem Bösen ... damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten.“ Das meint natürlich sein künftiges Kommen in Herrlichkeit. Das meint sein Kommen in unserer Todesstunde, das meint aber auch sein Kommen jetzt, in der Eucharistie.

Im nächsten Gebet heißt es: „Schau nicht auf unsere Sünden, sondern auf den Glauben deiner Kirche.“ Auch hier: Vorbereitung, Zubereitung, Zurüstung für die Kommunion. Und schließlich der Friedensgruß: „Gebt einander ein Zeichen des Friedens und der Versöhnung“, sagt der Diakon in der Liturgie. Die Instruktion aus Rom, die jetzt einigen Wirbel verursacht hat, hat gemeint, man solle den Friedensgruß so geben, dass nicht ein hemmungsloses Chaos in der Kirche ausbricht. Ich denke, da ist schon etwas Richtiges daran, den Friedensgruß den Nachbarn zu geben, aber nicht „aufgescheucht“ durcheinander zu laufen (Instr. Redemptionis Sacramentum Nr. 72).

Ganz unmittelbar die Vorbereitung: das Agnus Dei während des Brechens des Brotes und des Mischens von Brot und Wein, Leib und Blut Christi. Wer ein wenig in die große Musiktradition hineingehört hat weiß, wie wunderbar gerade die Wiener Klassiker oft das Agnus Dei komponiert haben. Man spürt die Innigkeit der Vorbereitung und Zurüstung auf den Empfang des Leibes Christi.

Schließlich das Tor zum Geheimnis: „Seht das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt!“ Auf diesen Zuruf des Priesters folgt das Wort des römischen Hauptmanns: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, dann wird meine Seele gesund.“ Es ist interessant, wenn man bei den Liturgikern ein wenig nachliest, wie die Tradition des christlichen Ostens, die oft viel ausführlicher in ihren liturgischen Texten ist, dieses Wort ausgeschmückt hat. Ich lese ein Gebet vor, dass in der Ostkirche zur Vorbereitung auf die Kommunion gebetet wird: „Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter das unreine Dach meiner Seele; aber wie du es dir in der Höhle gefallen ließest, in einer Krippe für vernunftlose Tiere zu liegen, und wie du im Hause Simons des Aussätzigen die Sünderin aufnahmst, die dir nahte und die gleich mir befleckt war, so komm auch in die Krippe meiner so unvernünftigen Seele und betritt meinen beschmutzten Leib, diesen Leib des Todes und voll Aussatz. Und wie du den unreinen Mund der Sünderin, die deine makellosen Füße küsste nicht verschmäht hast, so verschmähe auch, mein Herr und Gott, mich armen Sünder nicht, sondern in deiner Güte und Menschenfreundlichkeit mache mich würdig, teilzuhaben an deinem hochheiligen Leib und Blut“ (Jungmann II, 443, FN 46). Sehr anschaulich und bewegend ist dieses Gebet des christlichen Ostens zur Vorbereitung auf die Kommunion. Heute noch beten in der Ostkirche alle gemeinsam – das können alle Leute auswendig, wenn sie in die russische oder griechische Kirche gehen – vor der Kommunion das wunderschöne Gebet: „An deinem mystischen Mahl lass mich heute teilhaben, Sohn Gottes. Nicht werde ich das Geheimnis deinen Feinden verraten, noch dir einen Kuss geben wie Judas, sondern wie der Schächer rufe ich dir zu: Gedenke meiner, Herr, in deinem Reiche!“ (KKK 1386).

II.
Kommen wir zur Kommunion selber. Nur der Glaube kann uns sagen, was in der heiligen Kommunion geschieht. Mit unserer Vernunft können wir es nicht fassen. Aber wir können mit dem Herzen einstimmen. Ich beginne mit einer kleinen Episode aus dem Leben einer großen Heiligen, Dominikanerin, der hl. Katharina von Siena (†1380). Ihr Beichtvater, der spätere Ordensgeneral, der sel. Raimund von Capua (†1399), der ihr Leben sehr genau beschrieben und sie sehr genau gekannt hat, erzählt folgende Geschichte: Einmal, als Katharina sich zur Kommunion vorbereitete und der Priester mit der erhobenen Hostie sagte: „Seht das Lamm Gottes …“ und sie darauf antwortete, wie es üblich ist: „O Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach. Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“ Da hört sie plötzlich eine innere Stimme, und Jesus sagt ihr: „Aber ich bin würdig, dass du in mich eingehst.“ – Du bist unwürdig, dass ich in dich eingehe, aber ich bin würdig, dass du in mich eingehst. – Und Raimund von Capua fügt hinzu: „Kaum hatte sie die Kommunion empfangen, schien es ihr, als träte ihre Seele in den Herrn ein und der Herr in sie, wie der Fisch ins Wasser eintaucht und das Wasser ihn ganz umgibt. Und sie fühlte sich völlig in Gott absorbiert“ (Legenda major Buch II, c. IV, Nr. 192).

Wenn die Kommunion so eine innige, tiefe, das ganze Leben erfassende Vereinigung mit Christus ist, wie es im Leben der Heiligen sichtbar wird, wie können wir, ich würde fast sagen normale Sterbliche, die Kommunion richtig leben? Wenn man die Geschichte der Kirche ein wenig durchsieht auf die Frage: Wie hat die Kirche, wie haben die Gläubigen in verschiedenen Zeiten die Kommunion gelebt?, dann sieht man ein eigenartiges Hin und Her zwischen zwei Polen. Manchmal überwiegt der eine Pol, manchmal der andere. Der eine Pol ist die einfache, ich möchte fast sagen kindliche Freude darüber, dass der Herr Jesus Christus uns in der Brot- und Weingestalt so schlicht gegenwärtig ist. Aus dieser Schlichtheit heraus entsteht die Neigung, der Wunsch, häufig zu kommunizieren: „Unser tägliches Brot gib uns heute.“ So hat wahrscheinlich auch in der frühen Kirche die häufige Kommunion überwogen. Oft sagen die Kirchenväter ermutigende Worte zur täglichen Kommunion. Wir brauchen sie so dringend, wie das tägliche Brot. Freilich besteht dann die Gefahr, dass das Tägliche zum Alltäglichen wird, dass die Ehrfurcht schwindet, die Tiefe verflacht, dass es Routine wird. Daher gibt es durch alle Jahrhunderte immer wieder eine Gegenbewegung: Bedenke, was du da empfängst, wen du da empfängst! Bist du überhaupt bereit dazu? Schon der Apostel Paulus musste seine geliebte und schwierige Gemeinde von Korinth, diese frisch bekehrten Heiden, auch ermahnen, die Kommunion, den Leib des Herrn nicht mit dem normalen Mahl zu verwechseln. So sagt er ihnen sehr ernst, redet ihnen ins Gewissen in 1 Kor 11,26-34: „Sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt“ (26). Wir kennen dieses Wort, wir sagen es immer nach der Wandlung: „Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ Dann sagt Paulus weiter: „Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt“ (27-29). Paulus sieht das ganz konkret in seiner geliebten Korinther Gemeinde. Er sagt Ihnen: „Deswegen sind unter euch viele schwach und krank, und nicht wenige sind schon entschlafen“ (30), weil ihr den Leib des Herrn nicht unterscheidet von normaler Speise. Er sagt weiter: „Gingen wir mit uns selbst ins Gericht, dann würden wir nicht gerichtet“ (31). – Prüft euch also, geht selbst mit euch ins Gericht, dann entgeht ihr dem Gericht! – „Doch wenn wir jetzt vom Herrn gerichtet werden, dann ist es eine Zurechtweisung, damit wir nicht zusammen mit der Welt verdammt werden. Wenn ihr also zum Mahl zusammenkommt, meine Brüder, wartet aufeinander!“ (32-33). Zuvor hat er darüber geklagt, dass die einen zu viel zu essen haben und sogar schon betrunken sind, während die anderen hungern. „Wer Hunger hat, soll zu Hause essen; sonst wird euch die Zusammenkunft zum Gericht. Weitere Anordnungen werde ich treffen, wenn ich komme“ (34). Leider wissen wir nicht, was er dann gesagt hat, als er wieder in Korinth war. Er erinnert an den Ernst des Herrenmahles: Verwechselt es nicht mit normaler Speise! Vielleicht steht die Instruktion aus Rom, die jetzt manche besorgt hat – sie ist auch im Ton etwas harsch, aber Paulus ist auch nicht sehr sanft im Ton – in dieser langen Geschichte: Einerseits sollen wir häufig die Kommunion empfangen, ja es ist sinnvoll: „Nehmet und esset!“ – bei jeder Eucharistie, wenn irgendwie möglich. Aber anderseits sollen wir so leben, dass wir täglich den Leib des Herrn empfangen können. Die Frage der Häufigkeit ist also die Frage nach der Verfassung unseres Lebens: Sind wir vorbereitet? Sind wir zugerüstet? Passt unser Leben und unsere Kommunion zusammen? Passt der Empfang des Leibes Christi zu meinem Leben?

Nun wendet man natürlich gleich ein: Aber die Kommunion ist doch Heilmittel, Arznei. Jesus hat gesagt: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Mt 9,12par). Brauchen nicht gerade wir Sünder den Leib des Herrn? Das stimmt natürlich. Aber wir brauchen ihn zur Heilung. Das heißt, zuerst müssen wir unsere Sünden erkennen und bekennen, um dann in rechter Weise zum Herrn hinzutreten zu können. Wenn wir unsere Wunden dem Arzt nicht zeigen, kann er sie auch nicht heilen.
Wir erleben heute eine schöne aber auch schwierige Phase des Kommunionempfangs. Ich erinnere mich an meine Zeit als junger Priester im Weinviertel. Da haben die älteren Leute nie kommuniziert, ohne vorher zu beichten. Das war feste Tradition. Dementsprechend war die Kommunion auch selten. Das war sicher noch ein Rest einer Praxis, die schon der hl. Papst Pius X. (†1914) zu Beginn des 20. Jahrhunderts verändert hat. Er wollte die Tür der Kommunion möglichst weit, möglichst früh öffnen. Das II. Vatikanische Konzil hat das noch einmal verstärkt und vertieft. Aber heute erleben wir die Gefahr der Banalisierung. Es wird so zur Routine, so selbstverständlich zur Kommunion zu gehen, dass die Frage berechtigt ist: Unterscheiden wir den Leib des Herrn? Sind wir genügend vorbereitet? Ich gestehe, dass ich selber als Zelebrant vieler Gottesdienste, wenn fast alle zur Kommunion in der Kirche aufstehen, mir immer wieder die Frage stelle: Sind wir vorbereitet? Einerseits freue ich mich, dass so viele kommen, anderseits sorge ich mich, ist das nicht automatisch geworden? Wie lebendig ist der Glaube an den wahren Leib Christi, den wir empfangen? Manche meinen, die Handkommunion sei schuld. Sie habe die Ehrfurcht zu sehr verletzt. Ich glaube, die Handkommunion kann sehr ehrfürchtig sein. Beim Spenden der Kommunion erlebt man sehr genau, ob die Kommunion in der Hand ehrfürchtig empfangen wird. Übrigens glaube ich, es geschehen mehr Sünden durch die Zunge als durch die Hand. Die Zunge ist ein Instrument, das sehr viel Böses anrichtet. Wenn der Herr sich nicht scheut, auf meine sündige Zunge zu kommen, dann wird er sich sicher auch nicht scheuen, auf meine Hand zu kommen. Es ist eine Frage der Haltung, der Ehrfurcht. Es beeindruckt mich immer wieder, wie die Orthodoxen Christen die Kommunion empfangen. Sie wird immer unter beiderlei Gestalt, durch Eintauchen des Leibes Christi in das Blut Christi, gemeinsam Leib und Blut Christi in den Mund empfangen. Diese ehrfürchtige Haltung – mit Handkommunion oder Mundkommunion – ist Ausdruck des Glaubens. Liegt es nicht auch daran, dass wir uns zu wenig bewusst sind, was es heißt, am Sonntag den Leib des Herrn empfangen zu haben? Ich erinnere mich an meine russischen Freunde, mit denen ich oft in der Schweiz, wo sie leben, zusammen war. Wenn diese Familie oder ein Kind der Familie zur Kommunion ging, war das ein Ereignis. Man hat sich vorbereitet, besonders schön angezogen, selbstverständlich ging man zur Beichte, nach der orthodoxen Art die Beichte zu empfangen. Es war ein großer Festtag. Nachher wurde zu Hause besonders gefeiert, weil ein Kind oder die ganze Familie Christus empfangen hatte.

Was sollen wir tun? Ich denke, Christus selber hat uns wichtige Hinweise gegeben. Ich nenne nur zwei: „Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe“ (Mt 5,23-24). Soll ich wirklich zur Kommunion gehen, wenn ich unversöhnt im Herzen bin, wenn ein akuter Streit, vielleicht sogar Hass da ist? Haben wir diesen Reflex des Evangeliums, in einem solchen Zustand vor der Kommunion zurückzuschrecken?

Ein zweiter Hinweis findet sich im Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl. Es erinnert natürlich auch an die Kommunion, an das Hochzeitsmahl des Lammes. Da ist die Rede von einem Mann, der kein hochzeitliches Gewand trägt. Der König fragt ihn: „Mein Freund, wie konntest du ohne hochzeitliches Gewand erscheinen?“ Darauf wusste der Mann nichts zu sagen. Was dann kommt, ist nicht sehr tolerant oder so, wie wir es eigentlich heute erwarten. Es heißt: Darauf ließ ihm der König „Hände und Füße binden“ und ihn hinauswerfen „in die äußerste Finsternis“ (Mt 22,11-13). Das ist eine Warnung, die Jesus sagt: Wie bist du vorbereitet?

Nun kann das dazu führen, dass wir sagen: Ich bin nie vorbereitet. Tatsächlich wird es immer gelten: „Herr ich bin nicht würdig.“ Aber besteht die Vorbereitung nicht darin, dass ich mich erinnere, wer zu mir kommt, dass ich deshalb umkehre zu ihm, dass ich um seine Hilfe bitte, dass ich mich freue über seine Barmherzigkeit? Das ist Vorbereitung, damit er in meine armselige Hütte kommen kann.

III.
Wenn es in der Kommunion wirklich um die Barmherzigkeit Jesu geht – er macht mich würdig, ich bin nicht würdig – warum gibt es dann Grenzen? Warum gibt es Kommunionausschlüsse? Ist das nicht eindeutig gegen das, was Jesus selber gemacht hat? Wir werden etwas mehr Zeit dafür brauchen und ich möchte das deshalb in der nächsten Katechese ausführlich und ausdrücklich thematisieren, etwa die Frage, wie wir mit dieser so schmerzlichen Situation von Wiederverheirateten Geschiedenen umgehen. Wie gehen wir mit der schmerzlichen Grenze der christlichen Konfessionen um? Heute möchte ich zum Abschluss noch eines in Erinnerung rufen. Die Liebe Christi ist ohne Grenzen. Kein Mensch ist von dieser Liebe ausgeschlossen. Er grenzt niemanden aus. Aber es gibt Grenzen für die Kommunion. Eine unumgängliche Grenze ist: Das Abendmahl, die Eucharistie ist für Getaufte. Manchmal erlebe ich hier im Dom oder anderswo, dass Touristen zur Kommunionbank nach vorne kommen, offensichtlich nicht genau wissend, was da geschieht. Dann frage ich ganz einfach: Sind sie getauft? Wenn es nein ist, dann gebe ich die Hand oder mache eine kleine Segensgeste und wünsche dieser Person Gottes Segen. Es ist nicht eine Lieblosigkeit, wenn ich ihr nicht die Kommunion gebe. Die Kommunion ist für Getaufte. Sie ist das Mahl derer, die durch die Taufe Jünger Jesu geworden sind. Das heißt natürlich nicht, dass Jesus nur für die Getauften gelebt hat und gestorben ist, nur für sie da war und ist. Jesus hat den Aposteln den Auftrag gegeben: „Geht in alle Welt, macht alle Menschen zu meinen Jüngern. Tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). So entsteht die Familie Jesu.

Die Liebe kennt keine Grenzen. Vergangene Woche war ein Bischof aus Burkina Faso (Afrika), der zusammen mit der Christoffel-Mission für die Blinden Großartiges leistet, bei mir. Selbstverständlich fragt er nicht nach dem Taufschein, wenn Blinde, Sehbehinderte zu ihnen kommen. Jeder ist willkommen. Jedem will geholfen werden, denn die Liebe kennt keine Grenzen. Aber das Mahl des Herrn ist das Mahl für die Getauften. Was das heißt, warum es diese Grenze gibt, darüber können Sie bei der letzten Katechese dieses Arbeitsjahres hören.

 

 



 

 

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