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             | Katechesen 
      2002/20037. Jahresreihe - 8. Katechese,
 "Öffnet 
      die Türen für Christus"Johannes Paul II. und die Mission
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  "Öffnet 
  die Türen für Christus" -  Johannes Paul II. und die Mission 
  Lasset uns beten! Herr Jesus Christus, du hast deine Apostel 
  gesandt, das Evangelium allen Völkern zu bringen. So kam es zu uns, und mit 
  ihm kam der Auftrag, dass auch wir weitergeben, was wir empfangen haben. Wir 
  bitten dich um deinen Heiligen Geist, damit wir was wir im Glauben empfangen 
  haben auch im Glauben weitergeben. Amen. 
  I.Am 22. Oktober 2003 wird es 25 Jahre her sein, dass Papst Johannes Paul II. 
  sein Amt als Bischof von Rom, als Nachfolger des Apostels Petrus begonnen hat. 
  Der 22. Oktober 1978 war in diesem Jahr der „Weltmissionssonntag“ – Zufall 
  oder himmlische Regie? Der Papst hat darin die himmlische Regie gesehen. Er 
  hat gleich zu Beginn seines Pontifikats, an diesem 22. Oktober 1978, folgendes 
  gesagt: „Gerade heute feiert die gesamte Kirche den Weltmissionssonntag. Sie 
  betet, betrachtet, handelt, damit Christi Worte des Lebens alle Menschen 
  erreichen und sie von ihnen aufgenommen werden als Botschaft der Hoffnung, des 
  Heils, der totalen Befreiung“ (Wort und Weisung, 1978, 77). Rein von außen 
  gesehen hat der Papst dieses Programm unglaublich erfüllt, wenn wir in die 
  Tiefe blicken noch mehr. Rein äußerlich gesehen: Zur Zeit befindet sich der 
  Papst mit seinen bald 83 Jahren auf seiner 99. Auslandsreise in Spanien, zum 
  Pfingstfest will er seine 100. Auslandsreise nach Kroatien unternehmen. Dann 
  folgt am 22. Juni die 101. Auslandsreise nach Banja Luka in Bosnien, wo er 
  übrigens eine ganz wunderbare Gestalt, einen wahren christlichen Europäer 
  selig sprechen wird. Dr. Ivan Merz, hieß der junge Mann, 1928 32jährig 
  gestorben, eine jüdische ungarische Mutter, ein tschechischer Vater, in Banja 
  Luka geboren, in Wien studiert und dann in Paris, an der Sorbonne sein 
  Doktorat gemacht, hat er in Kroatien, vor allem in Zagreb, die Katholische 
  Jugend aufgebaut, starb mit 32 Jahren, durchaus vergleichbar der so 
  faszinierenden Gestalt des sel. P. Giorgio Frasati oder des sel. Frédéric 
  Ozanam. Das wird am 22. Juni sein. – Ich denke, das sei nebenbei gesagt aber 
  gar nicht nebensächlich, wir sollten uns diese Gestalt des Ivan Merz näher 
  ansehen, der in Wien, hier an unserer Universität studiert hat und der so eine 
  überaus leuchtende Gestalt, ein wirklicher Europäer und ein wirklicher, 
  vorbildlicher junger Christ war. – Im übrigen will der Heilige Vater dann im 
  Sommer, im August in die Mongolei reisen. Im September will er in die 
  Slowakei, ganz in unsere Nachbarschaft, kommen. Er ist unermüdlich.
 
  Übrigens hat der Papst immer wieder begründet, warum er das 
  macht. Manche meine, das sei einfach Reiselust. Wenn man ihn heute bei seinen 
  Reisen sieht, ist es sicher nicht mehr einfach Reiselust. Es macht ihm aber 
  Freude in einem tieferen Sinn. Es ist eine ganz offensichtliche tiefe 
  geistliche Freude für ihn, bei allen Strapazen, die es bedeutet, das auf sich 
  zu nehmen. Ich lese Ihnen ein Text aus dem Jahr 1981 vor, aus seinem dritten 
  Papstjahr, wo er schon einige Reisen hinter sich hatte, viel weniger als 
  heute, wo er sehr genau definiert, was für ihn Mission ist und warum diese 
  Reisen in seinem Missionskonzept so eine wichtige Rolle spielen. Er sagte 
  damals, am Weltmissionssonntag 1981: „Es ist die Aufgabe des Papstes, alle 
  seine Brüder und Schwestern in Christus an diese missionarische Verpflichtung 
  zu erinnern. Als oberster Hirte einer insgesamt missionarischen Kirche muss er 
  selbst der erste Missionar sein, muss sich bemühen, das Beispiel Christi, des 
  ‚ersten und größten Künders des Evangeliums’ (Evangelii nuntiandi 7) 
  nachzuahmen und sich der Führung des Heiligen Geistes, der ‚Hauptantriebskraft 
  der Evangelisation’ (ebd. 75) zu unterstellen.“ Klares Programm: Der Papst 
  muss in einer missionarischen Kirche der erste Missionar, der erste Künder des 
  Evangeliums sein unter der Leitung Christi und des Heiligen Geistes. Dann sagt 
  er: „Von Beginn meines Pontifikats an habe ich über die Worte des II. 
  Vatikanischen Konzils nachgedacht, das dem Nachfolger Petri ‚das hohe Amt, den 
  christlichen Namen auszubreiten, in besonderer Weise übertragen ist’ (Lumen 
  gentium 23; vgl. Evangelii nuntiandi 67). Dem Beispiel meines Vorgängers Paul 
  VI. folgend, habe ich mich auf Reisen begeben, um zahlreiche Länder zu 
  besuchen, darunter einige, in denen Christus kaum bekannt oder die 
  missionarische Verkündigung des Evangeliums noch nicht vollendet ist.“ – 
  Denken Sie an seine Reise nach Aserbaidschan 2002 oder seine Reise nach 
  Khartum im Sudan, mitten in islamisches Gebiet, oder nach Marokko, auf 
  Einladung des Königs, wo er vor 80.000 jungen Moslem gesprochen hat. – Er sagt 
  weiter: „Meine Reisen nach Lateinamerika, Afrika und Asien hatten ‚eine 
  eminent religiöse und missionarische Zielsetzung’. … Ich wollte selbst das 
  Evangelium verkünden und in gewisser Weise zum reisenden Katecheten werden. 
  Und ich wollte alle ermutigen, die im Dienst des Evangeliums stehen, ob sie 
  nun aus den betreffenden Ländern selbst kommen oder aus anderen, um sich in 
  den Dienst einer Ortskirche zu stellen. […] Der Kontakt mit den Massen von 
  Menschen, die Christus noch nicht kennen, hat mich noch mehr als zuvor von der 
  Dringlichkeit der Verkündigung des Evangeliums überzeugt. Die Welt braucht 
  Christus so sehr!“ (Botschaft zum Weltmissionssonntag 1981; Wort und Weisung, 
  1981, 567f.). 
  So möchte ich in dieser letzten Katechese vor der Stadtmission 
  mit der Betrachtung Johannes Pauls II. als Missionar abschließen, nachdem wir 
  Maria, die Apostel, Paulus und die kleine hl. Theresia als Missionare 
  betrachtet haben, alle in der Nachfolge des einen und ersten Missionars, den 
  der Vater gesandt hat, Jesus Christus. Ich möchte auch versuchen, ein wenig 
  das Geheimnis zu ergründen, warum die Wirksamkeit des Papstes, seine 
  Initiativen, seine Sicht der Evangelisierung offensichtlich eine solche 
  Strahlkraft haben und das bis heute unvermindert, unbeschadet des Alters, der 
  Gebrechlichkeit. Er ist zweifellos ein unvergleichlich missionarischer Papst. 
  Ich möchte die Katechese in zwei Teile einteilen. Im ersten Teil möchte ich 
  sieben Motive nennen, die den „ersten Verkünder des Evangeliums“, den 
  Missionar der Missionare bewegen, seine Pilgerreisen, Missionsreisen, 
  Evangelisierungsbemühungen zu unternehmen. Dann möchte ich in einem zweiten 
  Teil ein wenig hineinschauen in die große Missionsenzyklika, die er am 7. 
  Dezember 1990 veröffentlicht hat, Redemptoris missio – die Sendung des 
  Erlösers. 
  II.Beginnen wir mit den Motiven. Was bewegt den Papst, diese unglaublichen, 
  unermüdlichen Initiativen der Mission, der Evangelisierung zu setzen? (Ich 
  gebrauche jetzt die Worte Mission und Evangelisierung ein bisschen 
  durcheinander, man müsste sie genauer unterscheiden, aber es fließt doch 
  beides ineinander über.)
 
  1. Der Papst will die Ortskirchen stärken. Schon 1980 hat er 
  gesagt: „Diese Reisen sind Besuche bei den einzelnen Ortskirchen und dienen 
  dazu, den Platz aufzuzeigen, den diese im Gesamtraum der Kirche innehaben, und 
  die besondere Rolle zu unterstreichen, die diese Ortskirchen beim Aufbau der 
  Weltkirche, der Universalität der Kirche besitzen … jede Reise [ist] eine 
  echte Pilgerfahrt zum lebendigen Heiligtum des Volkes Gottes.“ Was heißt das 
  für uns, für die Stadtmission? Was heißt es, dass der Papst dreimal schon 
  Pilgerfahrten nach Österreich unternommen hat? Ich sehe die Stadtmission in 
  dieser Perspektive: Stärkung, Ermutigung der Ortskirche. Aber gleichzeitig, 
  wie der Papst sagt, macht es uns bewusster, dass wir auch in der Weltkirche 
  eine Rolle haben, dass man nie nur für seine Ortsgemeinde Christ ist, immer in 
  Verbindung mit der Weltkirche. Das wird sich sehr eindrucksvoll beim Kongress 
  zeigen, der am 23. Mai 2003 beginnt. Sogar aus Australien hat sich eine ganze 
  Delegation gemeldet, natürlich aus den drei europäischen Hauptstädten, die mit 
  in das Projekt eingebunden sind, Paris, Lissabon, Brüssel, die nach uns die 
  Stadtmission in ihren Städten machen wollen, aber auch aus unseren 
  Nachbarländern, aus Slowenien, Kroatien, Slowakei, Ungarn, überall haben sich 
  Teilnehmer gemeldet. Ortskirche – Weltkirche, das ist von Anfang an ein 
  Anliegen des Papstes. Seit 25 Jahren erleben wir das, wie er immer eine 
  Ortskirche durch seinen Besuch, durch seinen Dienst als Missionar, als 
  Verkündiger stärkt und sie gleichzeitig stärker einbindet in die große 
  Gemeinschaft der Weltkirche. 
  2. Er sagt, die Reisen geben ihm die Gelegenheit, eine Art 
  „Wanderkatechese“ zu unternehmen, „zur Verkündigung der Frohbotschaft in der 
  allseitigen Fortsetzung des Evangeliums und des apostolischen Lehramtes“ in 
  der heutigen globalisierten Welt – Wanderkatechet. Wenn man überlegt, wie 
  viele Katechesen er auf einer solchen Reise hält, dann gibt das ein 
  unglaubliches Werk der Verkündigung durch die vergangenen 25 Jahre. So sagt er 
  einmal: „Es sind Reisen der Liebe, des Friedens, der universalen 
  Brüderlichkeit … Es ist die apostolische Methode: Es ist die Methode des 
  Petrus und noch mehr die des Paulus“ (L’ Osservatore Romano dt. Ausgabe 1998, 
  Nr. 32-33, 10). Was heißt das für uns, Wanderkatechese? Ein wenig ist der 
  Gedanke der vier aufeinander folgenden Stadtmissionen ähnlich: 
  Wanderkatechese durch ein Europa, das das Evangelium neu 
  entdecken soll, seine alten Wurzeln neu finden soll, durch ein Europa, das 
  entgegen allen Aussagen, dass es heutzutage gar nicht mehr gehe, erstaunlich 
  offen ist für die neue Evangelisierung. Aber diese Wanderkatechesen des 
  Papstes sind nicht abgehoben. Sie haben sehr konkrete Verwurzelungen, sie sind 
  sozusagen „down to earth“, sie sind ganz am Boden.  
  Ich möchte vor allem drei Dimensionen nennen, die bei den 
  Papstreisen immer sehr stark zum Tragen kommen und die sein Verständnis von 
  Evangelisierung und Mission prägen. Seine Katechese, seine Evangelisierung ist 
  sehr politisch, sie ist stark orientiert an den Schwachen und Armen und sie 
  richtet sich besonders an die Jugend. Schauen wir diese drei Elemente ein 
  wenig an und auch, was sie für die Stadtmission bedeuten. 
  3. Papst Johannes Paul II. ist eminent politisch, aber nicht 
  im Sinne der Parteipolitik, die durchaus auch berechtigt ist. Es ist sicher 
  keine Rückkehr zu politischen Katholizismus, die ihm vorschwebt. Wohl aber ist 
  dieser Papst, den man als Bischof in Krakau von kommunistischer Seite für eher 
  harmlos gehalten hat, unpolitisch, philosophisch, ein bisschen mystisch, 
  gerade darin eminent politisch. Er hat gezeigt, dass das Evangelium eine 
  ungeheure Kraft der Hoffnung darstellt und dass diese Kraft der Hoffnung das 
  Antlitz eines Landes, ja eines ganzen Kontinentes verändern kann. Seine 
  politische Kraft ist sein Vertrauen in das christliche Menschenbild. Seine 
  politische Kraft ist letztlich seine tiefe, unerschütterliche Überzeugung, 
  dass Christus der Herr der Geschichte ist. Johannes Paul II. hat ein 
  unvergleichliches politisches Erdbeben ausgelöst, nicht durch Waffen, auch 
  nicht durch wirtschaftliche Macht, sondern einfach durch die Kraft der 
  Hoffnung, die er repräsentiert, die er lebt und die er vermittelt. Als er zum 
  ersten Mal in seine polnische Heimat fuhr im Juni 1979, diese neun Tage haben 
  die Weltgeschichte verändert. Die Kommunisten haben das sehr klar gespürt. 
  Breschnew hat vom polnischen Partei- und Regierungschef verlangt, dass man dem 
  Papst die Reise nach Polen nicht erlaubt. Es war nicht möglich, die 
  Kommunisten konnten sich nicht dagegen stellen. Einfach seine Präsenz, die 
  Ausstrahlung seines Glaubens, das Zeugnis seiner Hoffnung hat den Ostblock 
  zutiefst erschüttert. Diese Reise, die Tatsache, dass er er ist, dieser Mensch 
  mit dieser Glaubens- und Hoffnungskraft als Nachfolger Petri, als Vicarius 
  Christi, als Bischof von Rom, hat das Ende des Kommunismus eingeläutet, denn 
  die Menschen haben die Angst verloren. Er hat ihnen die Geschichte und die 
  Wurzeln ihrer Geschichte zurückgegeben. Sie haben ihre Würde wieder gefunden. 
  Das war eminent politisch, ohne Politik zu machen. Die Antwort darauf war der 
  13. Mai 1981, das Attentat und der Kriegszustand in Polen im Dezember des 
  selben Jahres 1981. 
  Was ist die politische Wirkung des Papstes, seine politische 
  Mission? Vor allem die Freiheit, die Wahrheit zu sagen, dieses tiefe, 
  unerschütterliche Vertrauen, dass die Wahrheit frei macht, ohne Hinsichten und 
  Rücksichten. Damit verbunden die Gewissheit, dass wir dem Gewissen folgen 
  müssen, die Freiheit, dem Gewissen zu folgen, die Freiheit, die Würde des 
  Menschen über alle anderen Erwägungen zu stellen. Diese Kraft des Glaubens, 
  diesen Mut zur Wahrheit, zum Hören auf das Gewissen, diese Unerschrockenheit 
  gegenüber den Anfeindungen um der Würde des Menschen willen hat dem Papst 
  durch 25 Jahre die Kraft gegeben, weltweit Widerstand zu leisten gegen das, 
  was er eine „Kultur des Todes“ nennt. So wurde der Papst weltweit zum Sprecher 
  der Menschenwürde und der Menschenrechte, eine unvergleichliche moralische 
  Autorität, sicher auch durch dieses Amt, das er inne hat, aber darüber hinaus 
  durch seine Unbestechlichkeit, seine Glaubwürdigkeit.  
  Wir wollen beim Missionskongress dieser Frage ein wenig weiter 
  nachgehen in vielen Arbeitskreisen und auch Grundsatzvorträgen, hier im 
  Stephansdom am Dienstag, 27. Mai, mit Erwägungen über die Frage „Evangelium 
  und Politik“, über die Kraft des Evangeliums im heutigen Europa, in der 
  heutigen Öffentlichkeit. Ich konnte Bundeskanzler Schüssel gewinnen, dass er 
  zu dieser Frage sprechen wird und Frau Prof. Gerl-Falkowitz, die bekannte 
  Philosophin aus Dresden. Eine Fülle von Arbeitskreisen werden sich damit 
  befassen. 
  4. Johannes Paul II. ist aber auch Missionar in der ganz 
  besonderen Weise, dass er Stimme der Armen, der Wehrlosen, der Unterdrückten 
  und Rechtlosen ist, Stimme der Schwachen. Ob das die Not der Landarbeiter in 
  Brasilien ist, die Untaten der Mafia in Sizilien, die Rechte der Solidarnosc 
  in Polen, ob es der stumme Schrei der Ungeborenen ist, immer war und ist er 
  Sprachrohr, Stimme der Sprachlosen. Überall auf der Welt drängen sich die 
  Armen um ihn, unvergleichlich. Sie spüren bei ihm, dass er aus der Kraft 
  seines Glaubens und seiner Liebe heraus mit leidet mit dem Leid der Armen, die 
  Not im Herzen mit trägt, dass er selber solidarisch ist mit ihnen. Das ist 
  besonders stark und ausdrücklich geworden in den letzten Jahren durch seine 
  Krankheit. Wie viele behinderte, kranke und alte Menschen in der ganzen Welt 
  sehen in ihm den großen Bruder, der für sie einsteht und für sie Vorbild ist. 
  Wir wollen bei der Stadtmission diesem Thema einen ganz besonderen Akzent 
  geben, der 26. Mai, Montag in der Missionswoche, soll dem Nächsten, besonders 
  den Armen und Notleidenden gewidmet sein. P. Georg Sporschil SJ wird 
  Hauptredner sein und Andrea Riccardi, der Gründer von S. Egidio, der großen 
  Gemeinschaft, die inzwischen weit über Rom hinaus bekannt ist.5. Schließlich ist der Papst in ganz besonderer Weise Missionar für die 
  Jugend. Dass er schon in Polen als junger Priester und auch als sehr junger 
  Bischof mit der Jugend gut konnte, ist vielleicht nicht so verwunderlich, aber 
  dass er als 83jähriger immer noch diese unvergleichliche Anziehungskraft für 
  weltweit viele junge Menschen hat, das ist schon ein Geheimnis. Ich glaube, 
  das zeigt vor allem zweierlei, einerseits dass der Ruf Jesu an junge Menschen 
  genauso aktuell geblieben ist, wie er damals am Jordan war, als die ersten 
  zwei sich umgedreht haben von Johannes dem Täufer und Jesus nachgegangen sind, 
  die Faszination Jesu ist unvermindert groß auch heute. Anderseits stimmt es 
  einfach nicht, dass die Jugend unserer säkularisierten, verweltlichten vor 
  allem westlichen Welt vom Evangelium unerreichbar sei. Die Weltjugendtage 
  haben hier vielen Skeptikern zumindest große Fragen gestellt. Was geschieht 
  da? Es begann, wenn ich mich recht erinnere, 1980 im Parque de Princes in 
  Paris, dem größten Fußballstadion von Paris, erster Papstbesuch in Frankreich, 
  ein Stadion voll mit jungen Menschen, und es entstand etwas, was seither immer 
  wieder und immer wieder geschehen ist, ein unglaublicher Kontakt zwischen dem 
  Papst und diesen Tausenden, damals 80.000, jungen Menschen – die Überraschung: 
  Was ist da los? Etwas, was man in der Generation der kritischen 68er nicht für 
  möglich gehalten hat, dass junge Menschen heute so vom Evangelium, von einem 
  Zeugen des Evangeliums angesprochen werden können.
 
  Die Weltjugendtage seither gehen von Überraschung zu 
  Überraschung: Tschenstochau hätte man noch als „Heimspiel“ für den Papst 
  bezeichnen können, da ist er zu Hause und in Polen jubeln ihm alle zu. Aber 
  dann Denver, Colorado, eine völlig westliche, säkularisierte Großstadt, im 
  Rückblick auf diesen Besuch in Denver 1993 sagte der Papst selber: „Es war 
  nicht das erste Mal, dass die Jugendlichen mit solchem Nachdruck ihren Wunsch 
  aussprachen, das Evangelium in das neue Jahrtausend hineinzutragen. Christus 
  ist der Weg, die Wahrheit und das Leben […]. Wie kann man da noch behaupten, 
  sie liebten Schlagworte wie: ‚Christus ja – Kirche nein’? Viele von ihnen 
  folgen vielmehr einem Weg gegen den Strom, was die antichristliche Propaganda 
  angeht. Das hat natürlich einige Kommunikationsmedien erstaunt und auch 
  verwirrt, die sich darauf vorbereitet hatten, einen großen Protest zu erleben. 
  Es war sogar eine Überraschung für den amerikanischen Episkopat, der 
  festgestellt hat, dass er bei seinem missionarischen Auftrag nicht alleine 
  steht, sondern vor allem auf das Mitmachen der Jugendlichen, der Baumeister 
  der Zukunft, zählen kann.“ (G. Weigel, Zeuge der Hoffnung 721-722). So sagte 
  der Papst 1993 im Rückblick auf die Erfahrung von Denver. 1997 war das 
  Weltjugendtreffen in Paris. Kardinal Lustiger, der Erzbischof von Paris, der 
  auch bei uns sein wird in der Woche des Kongresses, hat damals nach dem 
  Weltjugendtreffen in Paris den Interviewern im Fernsehen gesagt: Sie gehören 
  einer Generation an, „die 1968 ihren Glauben verloren habe und seither 
  sozusagen ständig mit ihren Eltern streite. Die jungen Menschen von heute, 
  fuhr Lustiger fort, seien ‚ohne Sinn’ aufgewachsen. Jetzt hätten sie Christus 
  entdeckt und wollten erforschen, was das wirklich bedeute.“ Er mahnte die 
  Interviewer, sie sollten nicht mit ihren Maßstäben messen. Die Jugendlichen 
  „seien der Auffassung, dass Christ sein und ein tätiger, intelligenter, 
  mitfühlender, engagierter Mensch zu sein, sich nicht gegenseitig 
  ausschließen.“ Christ sein und engagiert, intelligent, mitfühlend, solidarisch 
  sein schließt sich nicht gegenseitig aus. „In der Hauptstadt [in Paris] einer 
  besonders skeptischen und antiklerikalen Aufklärung wurde eine neue kulturelle 
  Aufklärung verkündet, die fähig war, die Grundlagen der freien Gesellschaft 
  wiederherzustellen“ (ebd. 840-841). So kam es schließlich zum 
  Weltjugendtreffen in Rom, im Heiligen Jahr 2000. 
  Was ist das Geheimnis dieses Erfolges? Das Charisma des 
  Papstes ist zweifellos groß. Aber entscheidend ist die Wurzel dieses 
  Charismas. Es kommt aus seiner bedingungslosen Liebe und Hingabe zu Christus. 
  Aus der lebt der Papst und sie ist der Hauptinhalt seiner Wanderkatechesen. 
  Ich darf Ihnen etwas zitieren aus dem, was der Papst in Rom damals den 
  Jugendlichen gesagt hat: „Christus allein kann die tiefsten Sehnsüchte des 
  menschlichen Herzens stillen. […] Ja, liebe Freunde, Christus hat uns gern, 
  und er liebt uns immer! Er liebt uns auch dann, wenn wir ihn enttäuschen, wenn 
  wir nicht dem entsprechen, was er von uns erwartet. Er umarmt uns immer in 
  seiner Barmherzigkeit. Müssen wir diesem Gott nicht dankbar sein, dass er uns 
  erlöst hat? […] Liebe Jugendliche! Ist es schwer, im Jahr 2000 zu glauben?“ So 
  fragt er und beantwortet es selber: „In der Tat: Es ist schwer. Das darf man 
  nicht verschweigen. Aber Christus, der die ganze conditio humana – 
  einschließlich Angst und Zweifel verwandelt hat, wartet auf euch. […] Es ist 
  Jesus, den ihr sucht, wenn ihr vom Glück träumt. Er ist es, der auf euch 
  wartet, wenn euch nichts anderes zufrieden stellt. Er ist die Schönheit, die 
  euch anzieht, er ist es, der euch provoziert mit jenem Durst nach Erfüllung, 
  der euch keine Anpassung an den Kompromiss erlaubt. Er ist es, der euch dazu 
  drängt, die Masken eines falschen Lebens abzulegen. Er ist es, der in euren 
  Herzen die echten Entscheidungen liest – die Entscheidungen, die andere zu 
  ersticken versuchen. Jesus ist es, der in euch etwas entfacht: die Sehnsucht, 
  aus eurem Leben etwas Großes zu machen.“ Am Schluss sagte er: „Wenn ihr seid, 
  was ihr sein sollt, dann werdet ihr Feuer auf der ganzen Erde entzünden“ (ebd. 
  929-930). Ich glaube, das ist das tiefste Motiv, warum der Papst Missionar 
  ist. Am Mittwoch in der Woche des Missionskongresses hat Kardinal Lustiger 
  zugesagt, am Vormittag auf Fragen junger Menschen einzugehen, auch aus der 
  Erfahrung, die er mit dem Weltjugendtag in Paris gemacht hat. 
  6. Kehren wir zurück zu dem entscheidenden Motiv: Weil Jesus 
  der vom Vater Gesandte ist, deshalb, sagt der Papst, muss er Missionar sein. 
  In einer Leprakolonie in Brasilien hat der Heilige Vater einmal diese Worte 
  gesagt: „Ich komme zu euch als Missionar, der durch den Vater und durch Jesus 
  beauftragt ist, fortzufahren, das Reich Gottes zu verkünden, das in dieser 
  Welt beginnt, aber sich erst in der Ewigkeit verwirklicht“ (L’ Osservatore 
  Romano, dt. Ausgabe 1980, Nr. 30, 11). Letztlich ist es die Sendung des 
  Vaters, der Auftrag Gottes, den der Sohn Gottes verwirklicht hat, der uns zur 
  Mission verpflichtet. 
  7. Das hat wiederum zur Folge, dass das wirklich allen 
  Menschen gilt. Bereits im Jahr 1978, in seiner ersten Enzyklika Redemptor 
  hominis hat der Heilige Vater gesagt: „Jeder Mensch ohne jede Ausnahme ist von 
  Christus erlöst worden. Christus ist mit jedem Menschen, ohne Ausnahme, in 
  irgendeiner Weise verbunden, auch wenn sich der Mensch dessen nicht bewusst 
  ist: ‚Christus, der für alle gestorben und auferstanden ist, schenkt dem 
  Menschen’ – jedem einzelnen und allen zusammen – fortwährend Licht und Kraft 
  durch seinen Geist, damit er seiner höchsten Berufung entsprechen kann“ (Nr. 
  14). Das ist im Grunde das Missionsprogramm des Papstes, warum er so viel 
  reist. Er will wirklich alle Menschen erreichen, weil das der Wille Christi 
  ist. 
  III.So komme ich zum Schluss, zur Enzyklika des Heiligen Vaters über die Mission 
  Redemptoris missio. Wir haben ein ganzes Jahr über die Mission nachgedacht, 
  aber ich denke, es ist auch an der Zeit, dass wir uns vom Herrn selber in die 
  Pflicht nehmen lassen. Der Heilige Vater schreibt in der Enzyklika das 
  wichtige Wort, dass die Mission nur möglich ist, wenn es Missionare gibt. Es 
  gibt kein Zeugnis ohne Zeugen, es gibt keine Mission ohne Missionare. Warum 
  der Papst diese Enzyklika geschrieben hat sehr einfache Gründe. Seit dem 
  Konzil ist etwas Eigenartiges in der Kirche passiert. Der Elan der Mission ist 
  vielfach erlahmt, vor allem mit zwei Begründungen. Erstens hat man gesagt, 
  Mission ist Kolonialismus, deshalb müssen wir vor allem von den anderen 
  Religionen lernen. Das ist richtig, aber zu wenig. Zweitens war ein Argument, 
  es ist eine Abwertung der anderen Religionen, wenn man als Missionar zu ihnen 
  kommt. Dieses Argument hat der Papst sehr eindrucksvoll widerlegt, indem er 
  gesagt hat: Wo Christus hinkommt, wird niemandem etwas weggenommen (Redemptoris 
  missio 3). Es ist eine Bereicherung und nicht ein Mangel, wenn Christus in ein 
  Land kommt. Gleichzeitig erleben wir, während bei den Katholiken der 
  Missionsgeist stark zurückgegangen ist, dass weltweit die evangelikalen 
  Gruppierungen, die so genannten Freikirchen, missionarisch ungeheuer aktiv 
  sind, leider auch die Sekten, und ebenso der Islam. Es ist deshalb eine ganz 
  vitale Frage, die der Papst der Kirche stellt, ob sie bereit ist, ihre 
  missionarische Grundberufung zu leben.
 
  Ich möchte nur einen Schlüsselsatz herausgreifen, der mir für 
  die Stadtmission besonders wichtig scheint. Der Papst sagt in der Enzyklika: 
  „Durch die Mission wird die Kirche tatsächlich erneuert, Glaube und 
  christliche Identität werden bestärkt und erhalten neuen Schwung und neue 
  Motivation.“ Dann in einer Kurzformel: „Der Glaube wird stark durch 
  Weitergabe“ (ebd. 2).  
  Aber diese Motivation ist sozusagen mehr eine innere. Die 
  tiefere Motivation ist eine andere, ich habe sie schon genannt: Weil Jesus 
  Christus der einzige Erlöser ist, weil er der Erlöser der Menschen ist, 
  deshalb muss sein Name allen Menschen bekannt gemacht werden, deshalb kann man 
  sich nicht damit zufrieden geben, dass der Name Jesu ein Name unter vielen 
  anderen ist. Er ist der Erlöser. „Die grundlegende Aufgabe der Kirche ist es“, 
  sagt der Papst, „den Blick der Menschen auf das Geheimnis Christi zu richten“ 
  (ebd. 4; Redemptor hominis 10) Deshalb heißt es so schön am Schluss der 
  Enzyklika, wir haben das dort fast abgeschrieben: „Öffnet die Tore für 
  Christus!“ Wo Christus hinkommt, wird den Menschen nichts weggenommen (Redemptoris 
  missio 3, 39). Und der Papst betont ganz nachdrücklich: Das Angebot des 
  Glaubens ist ein Angebot an die Freiheit. Es wird niemandem aufgedrängt, es 
  wird niemand gezwungen im vollen Respekt der Gewissens- und Religionsfreiheit 
  muss der Name Christi angeboten werden. Aber der Papst fügt hinzu: „Er muss 
  angeboten werden, weil alle Menschen das Recht haben, über das Geheimnis 
  Christi zu erfahren“ (ebd. 7). Sie haben ein Anrecht darauf. Deshalb haben wir 
  eine Pflicht, ihnen dieses Anrecht nicht vorzuenthalten. 
  Ganz am Schluss der Enzyklika sagt der Heilige Vater: „Das 
  Wesensmerkmal jedes echten missionarischen Lebens ist die innere Freude, die 
  aus dem Glauben kommt. In einer von so vielen Problemen verängstigten und 
  bedrängten Welt, die zum Pessimismus neigt, muss der Verkünder der 
  Frohbotschaft ein Mensch sein, der in Christus die wahre Hoffnung gefunden 
  hat“ (ebd. 91). Ich wünsche Ihnen allen, dass wir in dieser Zeit der 
  Stadtmission die Erfahrung machen, dass wir Grund zur Hoffnung haben, und dass 
  wir freudig davon Zeugnis geben.   |