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Altes Testament - Katechese

Kardinal Dr. Christoph Schönborn - Katechesen
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Ich, Kardinal Dr. Christoph Schönborn, begrüße sie und möchte sie einladen, meine Katechesen zu lesen.

Katechesen 1998/1999
3
. Jahresreihe - 3. Katechese, 29.11.98

Altes Testament

Altes Testament

Die verschobene Katechese - wegen des ad limina Besuches in Rom musste ich den 15. November absagen, hoffentlich hat Sie die Nachricht rechtzeitig erreicht - führt uns heute zum ersten Adventsonntag, dem Beginn des letzten Jahres des Jahrtausends, einem Datum, das uns sehr nachdenklich stimmt. Wir beginnen das letzte Kirchenjahr dieses Jahrtausends. Der Heilige Vater hat heute in Rom für das Heilige Jahr verkündet, die feierliche Ankündigung des Jubiläums, auf das er mit ganzer Kraft hinlebt und in das er uns gewissermaßen mit hineinziehen möchte, als dem großen Dankjahr für die Menschwerdung Jesu Christi vor 2000 Jahren.

Der Heilige Vater hat uns so eindringlich dieses wunderbare Wort gesagt: "Stärker als alle Anzeichen des Rückganges - des zahlenmäßigen Rückganges - sind die Zeichen des kommenden Heiles." Wie soll- ten wir nicht sehen, wie viele Zeichen des Heiles Gott uns in der Kirche, in unserem Land schenkt. Möge der Herr uns auch geben, dass die Hirten untereinander wirklich eins seien und möge Er sie alle im Glauben stärken, dass man nicht hängen bleibt an diesen Menschlichkeiten, die es in der Kirche schon am Anfang gegeben hat, wenn man in die Apostelgeschichte und in die Evangelien schaut. Und die ihren Herrn einmal veranlasst haben zu seinen Aposteln zu sagen: "Wie lange muss ich euch noch ertragen?" Aber er hat sie so geliebt, dass er ihnen trotz ihrer Schwächen die Sendung gegeben hat: "Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch." Ich bin sicher, dass der Herr auch durch alle diese Schwierigkeiten, durch die wir in den letzten Jahren in der Kirche unseres Landes gegangen sind, uns trotz allem stärken wird, stärken im Glauben. Aber er will uns auch zurüsten für den Kampf des Glaubens. Nicht den Kampf gegeneinander, sondern den Kampf des Glaubens, den der hl. Paulus "den Kampf" nennt. Wenn er am Ende seines Lebens zurückblickt und sagt, "ich habe den guten Kampf gekämpft, den Glauben bewahrt", dann ist das auch für uns eine Verheißung und eine Hoffnung.

Ich möchte in dieser Katechese noch einmal beim AT verweilen und eigentlich könnten wir lange, lange beim AT verweilen. Es ist eine so unglaublich reiche Schule des Gebetes, dass das, was ich heute zu sagen versuche, nur ganz kleine Goldkörner aus dem großen Schatz des AT sein können. Warum ist das AT für uns als Schule des Gebetes so wichtig? Ist das nicht alles ungeheuer fern, viele Jahrhunderte, Jahrtausende zurückliegend und sind diese Gestalten uns nicht viel zu fremd, aber auch zu groß, um sie wirklich als Vorbilder zu nehmen? Und doch, wenn wir die großen Beter des AT betrachten, dann sehen wir doch in ihnen auch Vorbilder für unser Gebet. Seit Jahrhunderten haben die Christen die großen Gestalten des AT als Vorbilder des christlichen Lebens gesehen und betrachtet. Ich möchte heute - ich würde heute gerne - drei Gestalten betrachten, aber ich fürchte, ich werde bei der ersten hängen bleiben, die uns schon so viel zu sagen hat: Ich möchte über Moses, über David und über den Prophet Elia sprechen.

Wahrscheinlich werde ich ganz bei Moses hängen bleiben. Drei große Beter, drei ganz unterschiedliche Gestalten und doch haben sie das christliche wie auch das jüdische Beten zutiefst geprägt. Schauen wir zuerst ein wenig in die Gestalt des Moses hinein. Wir können nicht genug im AT lesen, uns vertraut zu machen mit seiner Geschichte, mit den Gestalten, mit dem, was sie mit Gott erfahren haben, was sie von Gott uns zu sagen haben. Keiner war so große wie Moses, sagt das AT. Am Ende des fünften Buches Moses heißt es, dass seither nie mehr ein so Großer erschienen ist, der von Angesicht zu Angesicht mit Gott gesprochen hat. Erst Jesus Christus ist mehr als Moses, und so mag man Bedenken haben, ob eine so große Gestalt wie Moses für uns überhaupt Vorbild sein kann. Versuchen wir ein wenig, sein Leben, seinen Weg, seine Gotteserfahrung, sein Beten zu betrachten. Moses ist sehr alt geworden, 120 Jahre heißt es am Schluss des fünften Buches Mose, wo von seinem Tod berichtet wird. 120 Jahre alt ist er geworden, 40 Jahre hat er das Volk Israel durch die Wüste geführt, er war also 80 Jahre, als er den großen Auftrag Gottes bekommen hat, ein Alter, in dem man normalerweise in Pension geht oder schon längst in Pension ist. Moses beginnt seine große Aktivität mit 80 Jahren als Führer, Retter des Volkes. Was hat er davor getan?

 

Die Überlieferung sagt, dass er die 80 Jahre davor in zwei Hälften gelebt hat. Die ersten 40 Jahre in Ägypten, am Hof des Pharao. Wir erinnern uns an die Geschichte, wie das kleine Kind, das schreiende Baby, in einem Korb im Nil schwimmend, von der Tochter des Pharao gefunden wird und wie Moses am Hof des Pharao erzogen wird. Als er 40 ist, begegnet ihm die Not seines Volkes. Er sieht, wie einer seiner Volksgenossen - deren Schicksal er nicht teilen musste, weil es ihm gut ging am Hof des Pharao - wie einer seiner Volksgenossen von einem der Sklavenaufseher geschlagen wurde. Und er stellt sich auf die Seite seines bedrängten Volkes, tötet diesen Aufseher. Kurz darauf muss er flüchten und er geht in die Wüste. 40 Jahre ist er in der Wüste, bis Gott ihn ruft beim brennenden Dornbusch. Was bedeutet das, dass Moses so lange sich vorbereiten musste, Gott ihn so lange zubereitet hat auf seine Sendung, seinen Auftrag? Das ist uns durchaus aus der Heilsgeschichte vertraut, auch Christus selber lebte 30 Jahre ver- borgen in Nazareth. 30 Jahre, das war damals eine lange Zeit. Mit 30 war man schon ein betagter Herr. Der Vater wartet 30 Jahre lang, bis die Stunde kommt, in der die öffentliche Sendung Jesu beginnt, die dann nur 3 Jahre dauert. Wir kennen ähnliches aus dem Leben mancher Heiligen: der große russische Heilige, Serafin von Sarof, der tief im Gedächtnis des russischen Volkes als der große Tröster, Heiler, Heilige geblieben ist. Er hat bis zu seinem 60sten Lebensjahr als Eremit - zum Teil in völligster Einsamkeit - gelebt und dann zum Schluss einige Jahre und hunderte, tausende, zahllose sind zu ihm gekommen in diesen letzten Jahren. Was be- deutet das, dass Gott den Moses erst ruft, anspricht, nach so vielen Jahren? Was hat uns das zu sagen? Das heißt nicht, dass jeder von uns 80 Jahre warten muss, bis er beten lernt. Auch Moses hat sicher schon vorher gebetet, aber Gott hat ihn vorbereitet und die entscheidende Begegnung mit Gott, beim brennenden Dornbusch, wo Moses dann seine Sendung bekommt, wo er Gott wirklich kennen lernt, das war vorbereitet.

Ich glaube, das heißt für uns, dass das Gebet vorbereitet werden muss, dass es Zeit der Vorbereitung braucht, auch im Kleinen. Die Zeit des Gebetes, die wir ausdrücklich für das Gebet verwenden, eine Zeit der Anbetung, eine Zeit der Stille, viel- leicht des Rosenkranzes, vielleicht des Stundenbuchs, des persönlichen Betens. Diese besondere Zeit des Gebetes lebt davon, wie die andere Zeit aussieht, wie die Zeit der Vorbereitung tags- über in unserem Lebensrhythmus, in unserer Haltung und Einstellung aussieht. Es gibt eine langfristige Vorbereitung auf das Gebet. Man kann sagen, die beiden 40- Jahresperioden des Moses zeigen zwei Aspekte der Vorbereitung auf das Gebet. Seine Zeit in Ägypten, so sagt die jüdische Tradition, war eine Zeit, wo er die Weisheit Ägyptens, also die ganze damalige Weisheit, das Wissen der damaligen Welt kennen gelernt hat. Wir könnten sagen, er hat studiert. Das Gebet bedarf der Nahrung, es ist wichtig, ganz wichtig, dass unser Gebet durch gute Lektüre genährt wird. Sicher nicht zu- viel, aber auch nicht zu wenig. Darum empfahlen die geistlichen Meister, dass wir unser inneres Leben durch gute Lektüre nähren. Auch das normale Studium kann dazu helfen.

Das tiefere Wissen und Verstehen von Zusammenhängen kann eine Vorbereitung auch für das Gebet sein, vor allem aber das Lesen geistlicher Meister, das Betrachten von guten Büchern ist Vorbereitung auf das Gebet. Das zweite Element der Vorbereitung: Moses verbringt 40 Jahre in der Wüste, die Wüste ist der Ort der Stille und darum auch der Ort der Gottesbegegnung. Zur Vorbereitung auf das Gebet gehört auch eine gewisse Lebensart, zuviel Lärm - sagen wir. Zuviel selbstverschuldeter Lärm - ist dem Gebet sicher nicht förderlich. Wenn ständig eine Lärmkulisse da ist, wenn wir kaum, dass wir zu Hause sind, Radio oder Fernsehen aufdrehen, dann wird auch das Gebet der notwendigen Vorbereitung ermangeln. Die innere Haltung der Stille ist die Voraussetzung dafür, dass dann auch die ausdrückliche Zeit des Gebetes gelingen kann. Beides ist in unserer Zeit nicht leicht zu verwirklichen, weil unser Leben so unruhig geworden ist. Gute Lektüre, Zeiten der Stille.

Vorbereitung, auch in der inneren Haltung, dass gewissermaßen das Herz bereit ist für Gott, wie wir es in Psalm 57 beten: "Mein Herz ist bereit, oh Gott, mein Herz ist bereit, ich will Dir singen und spielen!" Diese innere Haltung, dass auch wir tagsüber in einer inneren Offenheit dafür sind, dass Gott bei uns gewissermaßen ankommen kann, erst wenn der Boden bereitet ist, kann Gott dann tatsächlich selber sprechen. Moses be- kommt die Offenbarung Gottes, wie gesagt, nach dieser langen Zeit der Vorbereitung, er lernt Gott kennen. Wie geschieht das? Gott erscheint dem Moses im Dornbusch. Diese Szene gilt - schon in der jüdischen Tradition - als geradezu das Urbild des Gebetes. Moses lernt Gott kennen. Moses hütete die Schafe seines Schwiegervaters Jethro. Einmal trieb er die Schafe über die Steppe hin- aus und kam zum Berge Gottes, zum Horeb. Da erschien ihm der Engel Gottes in einer Feuerflamme, mitten aus einem Dornbusch heraus und Moses sah hin und siehe, der Dornbusch brannte im Feuer, aber der Dornbusch wurde nicht verzehrt. Da dachte Moses: "Ich will doch hingehen und dieses seltsame Schauspiel betrachten, warum der Dornbusch nicht verbrennt." Als der Herr sah, dass Moses herantrat um nachzusehen, rief Gott ihm aus dem Dornbusch und sagte: "Mose, Mose!". Dieser antwortete: "Hier bin ich!" Da sprach er: "Tritt nicht näher heran, ziehe deine Schuhe von deinen Füßen, denn der Ort auf dem du stehst, ist heiliger Boden." Und er fuhr fort: "Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, und Isaaks und der Gott Jakobs". Da verhüllte Moses sein Angesicht, denn er fürchtete sich Gott anzuschauen. Gott offenbart sich! Was heißt das, was bedeutet das für uns? Gibt es für uns etwas Vergleichbares? Ist das nicht etwas so Einmaliges, dass wir das eigentlich nur bewundern, aber nicht nachempfinden können? Nun versuchen wir ein wenig, das näher zu verstehen und anzuschauen, wie Moses in dieser Begegnung in das Gebet hineingezogen wird, was da eigentlich geschieht. Gott gibt sich dem Moses zu erkennen, er spricht ihn an. Die Initiative geht also von Gott aus, es wider- fährt dem Moses, was er nicht selber gemacht, nicht selber gesucht hat. Gott sucht ihn und Gott spricht ihn an, nicht nur um sich ihm zu erkennen zu geben, sondern er will ihm etwas mitgeben, er will ihm eine Sendung geben. Denn gleich darauf sagt Gott zu Moses: "Ich habe das Elend meines Volkes, das in Ägypten ist, wohl gesehen und ihr schreien über ihre Treiber habe ich gehört. Ja, ich kenne sein Leiden, darum bin ich herabgestiegen, um es aus der Gewalt der Ägypter zu befreien und es aus diesem Land herauszuführen in ein schönes und geräumiges Land. In ein Land, das von Milch und Honig fließt." Moses ist in die Wüste geflüchtet, damals als er 40 Jahre zuvor sich auf die Seite seines leidenden Volkes gestellt hat und einen bedrängten Volksgenossen zu schützen suchte. Jetzt erinnert ihn Gott an die Not seines Volkes. "Ich habe das Elend meines Volkes gesehen." Und Gott sagt zu Moses: "So gehe jetzt, ich will dich zum Pharao senden, du sollst mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten herausführen."

Die Begegnung mit Gott ist gleichzeitig eine Begegnung mit einem Auftrag, es ist nicht einfach ein Gotteserlebnis, sondern in dieser Gotteserfahrung ist es gleichzeitig eine Sendung. Schauen wir uns das näher an. Nun müssen wir vorsichtig sein: Die Erfahrung die Moses macht, ist einmalig, nur Moses hat Gott von Angesicht zu Angesicht geschaut, heißt es in der Bibel. Das war einmalig. Hat das etwas zu tun mit unseren alltäglichen Gebetserfahrungen, ist das überhaupt vereinbart mit dem, was wir als arme, mühsam Betende erfahren? Eine gewisse Vorsicht ist notwendig, dass wir nicht zu schnell uns mit Moses vergleichen, das Gott mit uns spricht so wie mit Moses. Ich bin ein bisschen vorsichtig, so sehr ich die charismatische Erneuerung liebe und schätze, aber wenn sehr vorschnell oder all zu schnell gesagt wird: "Der Herr hat mir das oder jenes gesagt." Wir sind nicht Moses und es ist ein Unterschied zwischen der Offenbarung, die Gott in der Bibel gibt und dem, was wir von Gott wahrnehmen können.

Vielleicht ist es gut, hier doch ein kleines Wort über den Unterschied zwischen der biblischen Offenbarung und den "Privatoffenbarungen", wie man sie auch manchmal nennt, zu sagen. Der Katechismus hat darüber einen kleinen Abschnitt, der vielleicht hilfreich sein kann: "Vielerlei Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst durch die Propheten zu den Vätern gesprochen. In dieser Endzeit hat er durch uns besprochen - durch seinen Sohn" - heißt es am Anfang des Hebräerbriefs. Wir glauben, dass die Offenbarung im Alten Bund begonnen hat und mit Christus vollendet ist, und dass es über Christus hinaus keine weitere Offenbarung geben wird. Der hl. Johannes vom Kreuz sagt das sehr eindrucksvoll, der große Meister des Carmel, der bezüglich der außerordentlichen Erfahrungen etwas vorsichtig war, obwohl er selber sehr starke Gnaden dieser Art hatte. Er sagt einmal: "Seit Gott uns seinen Sohn geschenkt hat, der sein Wort ist, hat Gott uns kein anderes Wort zu geben. Er hat alles zumal in diesem einen Wort gesprochen, denn was er ehedem nur stückweise zu den Propheten geredet hat, das hat er nunmehr im Ganzen gesprochen, indem er uns das Ganze gaben, nämlich seinen Sohn." Gott hat also sein ganzes Wort gesprochen in Jesus Christus. Begonnen hat er damit bei den Propheten, mit Moses, mit Abraham. Dann sagt Johannes vom Kreuz weiter: "Wer demnach jetzt noch ihn befragen oder von ihm Visionen oder Offenbarungen haben wollte, der würde nicht bloß unvernünftig handeln, sondern Gott geradezu beleidigen, weil er seine Augen nicht einzig auf Christus richten würde ohne jegliches Verlangen nach anderen oder neuen Dingen."

Unsere Offenbarung ist Jesus Christus, es wird keine andere Offenbarung mehr geben, darum heißt es im Konzil: "Daher wird die christliche Heilsordnung, nämlich der neue und nun end- gültige Bund niemals vorüber gehen und es ist keine neue, öffentliche Offenbarung mehr zu erwarten vor der glorreichen Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus." Wer also glaubt, dass es im dritten Jahrtausend eine neue Offenbarung geben wird, wenn das Fisch- Zeitalter vorbei ist und das Wassermann-Zeitalter kommt und es dann eine andere, über Christus hinausgehende Offenbarung geben wird, der irrt. Nun sagt aber das Konzil etwas Wichtiges dazu: Obwohl die Offenbarung abgeschlossen ist, ist ihr Inhalt nicht völlig ausgeschöpft. Die Fülle der Offenbarung, die Fülle Jesu Christi ist so groß, dass jede Generation darin neu schöpfen kann. Deshalb sagt das Konzil weiter: "Es bleibt Sache des christlichen Glaubens, im Lauf der Jahrhunderte nach und nach die ganze Tragreiche der Offenbarung zu erfassen." Deshalb schöpfen wir Altes und Neues aus dieser Offenbarung, die Offenbarung ist abgeschlossen, aber nicht völlig ausgeschöpft. Jede Generation entdeckt gewisser- maßen neue Schätze, in dem einen unerschöpflichen Schatz Jesus Christus. Was sagt nun die Kirche zu den so genannten "Privatoffenbarungen"?

"Im Lauf der Jahrhunderte gab es so genannte "Privatoffenbarungen", von denen einige durch die kirchliche Autorität anerkannt wurden, z. B. Lourdes oder Fatima sind solche anerkannte "Privatoffenbarungen". Sie gehören jedoch nicht zum Glaubensgut" (KKK 67). Wir müssen nicht glauben, sie sind nicht dazu da, die endgültige Offenbarung Christi zu vervollkommnen oder zu vervollständigen, sondern sie sollen uns helfen, in einem bestimmten Zeitalter tiefer aus ihr zu leben. Bernadette in Lourdes ist von der Muttergottes auserwählt, um uns etwas Neues zu sagen, nicht etwas was wir nicht schon wüssten, sondern um in dieser Zeit, in ihrer Zeit und für uns bis heute den Reichtum Christi gewisser- maßen neu zu erschließen. Dann sagt der Katechismus weiter: "Unter der Leitung des Lehramtes der Kirche weiß der Glaubens- sinn der Gläubigen zu unterscheiden und wahrzunehmen, was in solchen Offenbarungen ein echter Ruf Christi oder seiner Heiligen an die Kirche ist." Der "Glaubensriecher" - wenn ich so sagen darf - das Gespür des Gottesvolkes, er spürt was an diesen "Privatoffenbarungen" wirklich die Stimme des Herrn ist und was vielleicht zu persönlich, zu subjektiv ist oder vermischt. Aber eines sagt die Glaubenslehre klar (noch einmal im KKK 67) der christliche Glaube kann keine "Offenbarungen" annehmen, die vorgibt, die Offenbarung, die in Christus vollendet ist, zu übertreffen oder zu berichtigen, wie das bei gewissen nichtchristlichen Religionen und oft auch bei gewissen neueren Sekten der Fall ist, die auf solchen "Offenbarungen" gründen. Das kann die Kirche nicht annehmen, das die Offenbarung Jesu Christi unvollständig wird, das die korrigiert wer- den müsste. Nun zurück zu Moses: Das was uns die Bibel berichtet, ist also Offenbarung, nicht eine "Privatoffenbarung", sondern Offenbarung, die Grundlage ist für die ganze künftige Geschichte des Volkes Gottes. "Privatoffenbarungen" können gewissermaßen die göttliche Offenbarung ausleuchten, aber sie gründen sie nicht. Der Grund unseres Glaubens sind die Offenbarungen, die Gott an sein Volk gegeben hat und die er in Jesus Christus vollendet hat.

Die Offenbarung, die Moses empfängt und (schließlich) die Offenbarung Jesu Christi bedeutet, dass Gott sich überhaupt erst zu erkennen gibt. Wir stehen am Anfang und deshalb ist diese Offenbarung grundlegend für alles Weitere. Wir können nie hinter sie zurückgehen und sie wird nie überholt sein. Gott offenbart Moses seinen geheimnisvollen Namen. "Wenn ich zu Israeliten komme und ihnen sage, dass Gott, Elohim, mich gesandt hat" sagt Moses "und sie mich dann fragen": Wie lautet sein Name? "was soll ich ihnen dann antworten?" Da sprach Gott zu Moses: "Ich bin der ICH-BIN" und er fuhr fort: "So sollst du zu den Israeliten sprechen: "Der ICH- BIN hat mich zu euch gesandt". Weiter fragte Gott zu Moses: "So sollst du zu den Israeliten sprechen: Der Herr, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs hat mich zu euch gesandt, dies ist mein Name für alle künftigen Zeiten und dies ist meine Benennung von Geschlecht zu Geschlecht." Was Moses also geschenkt bekommt ist nicht eine "Privatoffenbarung" sondern die feierliche Offenbarung des Namens Gottes.

Ich bin der ICH-BIN. Diese Offenbarung ist ebenso geheimnisvoll wie zugleich ganz vertraut, ich bin der ICH-BIN. Man kann es auch übersetzen, ich bin der "Ich bin bei euch" oder "Ich bin der ich bei euch sein werde". Aber gleichzeitig ist dieses "Ich bin der ICH-BIN" unbegreiflich. Gott ist ganz nahe und ganz geheimnisvoll. Deshalb er- schrickt auch Moses vor Gott, er verhüllt sein Antlitz. Ähnlich geht es dem Propheten Jesaia: Als Gott sich ihm im Tempel zeigt, er- schrickt er und sagt: "Wehe mir ich bin ein Sündiger". Und als Petrus den wunderbaren Fischfang erlebt, sagt er mit erschrecktem Herzen: "Geh weg von mir ich bin ein sündiger Mensch." Haben wir solche Gotteserfahrung? Sicher ist es etwas Einmaliges, einmalig weil fortlebend, so wie es einmalig ist, dass die Jünger den Auferstandenen gesehen haben. Wir haben Ihn nicht so gesehen wie die Jünger damals in Jerusalem oder in Galiläa. Und doch ist das, was Moses erfahren hat, auch für uns Urbild und Vorbild des Gebetes.

Schauen wir das ein wenig an: Wie begegnet Gott dem Moses und was sagt uns das über unser Beten? Etwas ist berührend und ganz wichtig in dieser Szene. Moses erschrickt, aber er läuft nicht weg, er bleibt. Ist es nicht so, dass unsere Reaktion oft in der Nähe Gottes Flucht ist, Flucht vor Gott. Angst dazubleiben, sich auszusetzen, sich einzulassen auf den, der uns anspricht. Manchmal frage ich mich, Brüder und Schwestern, wie viele Heilige gäbe es, wenn wir nicht davongelaufen wären? Oder sagen wir es positiv: Eine kleine Theresa wäre nicht die große Heilige geworden, wenn sie nicht als Zweijährige bei ihrem ersten Erwachen des Herzens und des Bewusstseins nicht wohl schon dieses "Ja", dieses "unbedingte Ja" zu dem gesagt hätte, der sie im Herzen schon an- gesprochen hat. Die Angst dazubleiben, bei ihm zu bleiben, sich ihm auszusetzen, ist das nicht der Grund, warum es nicht viel mehr Heilige gibt als es geben könnte, uns inbegriffen? Denn in dem Ruf Gottes an Moses ist eine Bitte enthalten, die Bitte an Moses: "Ich brauche dich". Gott will sein Volk retten aus der Not, der Sklaverei, der Bedrängnis in Ägypten, aber er will es nicht gegen seinen Willen retten und er will es nicht ohne Mithilfe retten, er braucht den Menschen, er braucht den Moses, deshalb spricht er ihn an. Natürlich können wir sagen, Gott könnte auch ohne uns alles tun, er ist allmächtig, aber er will uns brauchen, darum spricht er Menschen an. Um ihn senden zu können, muss Gott sich dem Mose bekannt machen, er muss ihm vertraut werden. Schauen wir uns an, wie Gott den Moses gewissermaßen herein in die Vertrautheit mit ihm, wie er sich ihm offenbart und ihn damit sendet. Ganz am Anfang heißt es, Gott hörte die Sklaven Israels und Gott gedachte seines Bundes mit Abraham, Isaak und Jakob. Gott sah auf Israel, er sah ihre Not, er hörte ihr Schreien. Deshalb ruft er Moses, weil er jemanden braucht, der sich senden lässt, der sich bereit findet, das Mitleid Gottes mit dem Mensch zu teilen.

Im Gebet, in der Zwiesprache mit Gott, lernt Moses langsam Stück für Stück immer mehr den Willen Gottes kennen, das Gebet wird für ihn zur Schule der Vertrautheit mit Gott und damit ganz untrennbar betroffen wird es der Ort, wo Moses seine Sendung, seinen Auftrag bekommt. Aber was für ein schweres Ringen ist das für Moses! Ich habe fünf Etappen gesehen - vielleicht sind es noch mehr - wie Moses mit Gott ringt, wie er sich wehrt mit allen Kräften, wehrt gegen den Ruf der ihm da zugemutet wird. Es beginnt im dritten Kapitel, nach der Offenbarung des Namens, nachdem Gott zu ihm gesagt hat: "Geh nun, ich will dich zum Pharao senden führe mein Volk aus Ägypten heraus." Erster Pro- test, Widerstand des Mose: "Wer bin ich, dass ich zu dem Pharao gehe und die Israeliten aus Ägypten herausführe, wer bin ich denn?". Moses sieht seine eigene Unvollkommenheit und der Herr antwortet ihm: "Ich werde mit dir sein". Dieses Ringen geht weiter, Moses fragt Gott: "Was soll ich denn den Israeliten sagen, was soll ich ihnen sagen? Werden sie es denn glauben, wer ist denn der Gott, der mich gesandt hat?"

Da offenbart Gott ihm seinen Namen: "Ich bin der ICH-BIN" und sagt ihm: "Geh jetzt, ruf die Israeliten zusammen, sie werden auf dich hören." Moses ringt weiter mit Gott, dritter Einwand: "Und wenn sie mir nicht glauben und nicht auf mich hören?" Da gibt ihm Gott ein Zeichen, er soll den Stab in die Hand nehmen, ihn zu Boden werfen, er wird zu einer Schlange, er soll ihn wieder aufheben und er wird wieder zu einem Stab. Gott gibt dem Moses ein Zeichen, damit sein Glaube stärker wird. Aber nicht genug damit! Moses macht seinen vierten Einwand. "Ach Herr, ich kann nicht reden, ich bin kein Mann des Wortes. Ich war es früher nicht und bin es bis jetzt nicht. Unbeholfen ist mein Mund und meine Zunge." Moses sucht alle Ausreden, die man nur irgendwie finden kann, um sich vor Gott zurückzuziehen, aber Gott sagt ihm: "Wer hat dir den Mund gemacht? Wer hat ihm den Menschen gegeben? Bin ich nicht Gott? Geh nun, ich werde dein Mund sein und ich werde dich lehren, was du reden sollst!"

Alle Ausflüchte werden ihm abgeschnitten, da greift Moses zum letzten Einwand: "Ach Herr, sende wen du willst!" Sozusagen sende wen Du willst, aber nur nicht mich! Da heißt es dann: "Da wurde Gott zornig". Und dann gibt er ihm Aron seinen Bruder als Mund, der mit ihm zusammen gehen wird und der mit ihm den Dienst tut. Was ist das Gemeinsame an all diesen Einwänden und was sagen sie uns über das Gebet? Zuerst sagen sie uns, dass es erlaubt ist, mit Gott zu ringen. Und der richtige Ort dazu ist das Gebet, eben das geschieht im Gebet! Wir nehmen etwas wahr, wir hören einen inneren Anruf, oder eine äußere Notsituation oder Schwierigkeit ist da und wir beginnen mit Gott zu ringen. Was soll das? In all diesen fünf Einwänden schaut Moses auf sich selber, wer bin ich, ich bin so schwach, so unbedeutend, was soll ich denn sagen? Wie soll ich mit diesen ungläubigen Menschen reden, werden sie mir überhaupt glauben? Ich kann nicht re- den und schließlich und endlich - ich will nicht! Das Gebet ist also ein zähes Ringen, aber in diesem Ringen wird Moses langsam von sich weggeführt. Wegzuschauen von sich selber und langsam zu sehen, worum es Gott geht. Gott hat Mitleid mit seinem Volk. Moses soll mit Gottes Augen sehen lernen, er soll nicht auf seine Unfähigkeit schauen sondern auf die Not seines Volkes. Er soll bereit sein, das Mitleid Gottes selber zu tragen, mit zu leiden mit Gott am Leid seines Volkes. Dieses Mitleiden mit dem Leid seines Volkes muss größer werden als der Blick auf die eigenen Schwächen. Solange wir im Gebet nur auf uns schauen, sind wir noch nicht im Gebet, im Gebet führt uns Gott weg von uns, hin zu seiner Sichtweise. Gott braucht uns, er ruft uns, er will uns sein Herz öffnen und uns zeigen was sein Wille ist. Sende wen du willst, sagt Moses, Gott will gerade ihn senden, gerade diesen widerspenstigen Moses. So einmalig Moses ist, das haben wir alle mit ihm gemeinsam, auch wir lernen den Willen Gottes durch das Ringen mit Gott, durch das Gespräch mit Gott, indem wir uns darauf einlassen, mit ihm zu reden. Kennen wir nicht alle solche Einwände, wie sie Moses formuliert hat? Warum gerade ich, warum muss gerade mich jetzt dieses Leid treffen? Wir beginnen mit Gott zu reden. In diesem Gespräch mit Gott zeigt er uns, was er uns schenken will. "Herr, die Aufgabe die du mir zumutest ist viel zu groß, das kann ich unmöglich." Ob das jetzt im Beruf ist, in der Familie, eine Ehe die einem zu schwierig wird, eine Berufsaufgabe, die einem über den Kopf wächst: "Herr ich kann das nicht!" "Ich bin bei dir", sagt Gott zu Moses. Mein Glaube stößt überall auf Widerstand, ich bin mutlos. Und Gott sagt mir: "Ich bin bei dir". Wir sehen, alle diese Einwände, dieses Ringen des Mose gegen seine Sendung, gegen den Auftrag Gottes gibt es auch bei uns, bis hin zu diesem - "Ich will nicht, lass mich in Ruhe!"

Als ich noch Theologieprofessor war, kam mir manchmal der Ge- danke, wenn ich gerade am Schreiben eines Buches oder Artikels war: Lieber Gott lass mich jetzt in Ruhe! Ich muss gerade ein Buch über Dich schreiben! Ich will jetzt nicht, lass mich in Ruhe! Im Gebet wächst die Klarheit. Sicher, Gespräche sind wichtig, Beratung, Dialog auch die Diskussion, aber das Gespräch mit Gott ist der Ort, wo wirklich Klarheit kommt. "Je vais à mon couseil" sagt Jeanne d´Arc: "Ich gehe zu meinem Rat." Während der Kriegsrat tagt, geht sie in die Kirche beten, "ich gehe zu meinem Rat". Und ich muss zum Ende kommen. So wird Moses zum Diener des Planes Gottes, er lässt sich gebrauchen, verbrauchen, er lässt sich senden. In dieser Gottesbegegnung, in diesem Ringen hat er gelernt, von sich wegzuschauen und auf Gott zu schauen. So wird er bereit für seine Sendung, wie viel könnten wir da noch lernen!

Ich bin noch nicht einmal beim ersten Drittel vom Moses angelangt, ich wollte eigentlich noch drei weitere Szenen betrachten, aber die Zeit ist viel zu kurz für die große Gebetschule des AT. Ich nenne nur die Stichworte, Sie können selber dann nachlesen. Das eine, wie Moses nach dem goldenen Kalb eintritt für sein Volk vor Gott, wie sich die Rollen getauscht haben. Anfangs wollte Moses nicht und Gott hat ihn gedrängt, jetzt will Gott nicht mehr und sagt, ich habe genug von diesem Volk, ich will es auslöschen und dich zu einem neuen Volk machen. Und Moses stellt sich vor dieses Volk und sagt: "Lösche lieber mich aus als dieses Volk, lass es nicht zugrunde gehen!" Moses als Fürsprecher (Ex 32 f)! Dann hätte ich gerne gesprochen über die wunderbare Szene, wie Moses betet mit aus- gebreiteten Armen für das Volk und wie die Beiden ihn stützen, da- mit er die Arme nicht sinken lässt, den ganzen Tag über. Eines der großen Bilder des fürbittenden Gebetes (Ex 32, 11-14). Aber ich sehe, die Zeit ist um und so erbitte ich ihnen den Segen Gottes und lade Sie ein zur Katechese am 13. Dezember.

 

 



 

 

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