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20. Sonntag im Jahreskreis

Das Predigten und Fürbittenbuch - www.kirchenweb.at

1. Lesung: Jes 56, 1. 6-7
2. Lesung: Röm 11, 13-15. 29-32
Evangelium: Mt 15, 21-28

 

Oft schon haben wir den Kehrvers gesungen: "Freut euch, wir sind Gottes Volk, erwählt zu seiner Gnade."

Ist mit dem Gottesvolk die Kirche gemeint, so ist dieser Kehrvers durchaus auch ein alttestamentlicher Ruf. Das Volk Israel war ja sehr fest überzeugt davon, das auserwählte Gottesvolk zu sein.

Im Alten Testament gibt es aber sehr wohl auch schon eine Tradition, die eine Öffnung zeigt zum so genannten "Heilsuniversalismus". Ist Israel zwar das auserwählte Gottesvolk, so ist Gottes Heil doch für alle Völker bestimmt:

So haben wir in der Prophetenlesung gehört, dass sich auch Fremde dem Herrn angeschlossen haben; das Haus des Herrn soll sein "ein Haus des Gebets für alle Völker".

Schon bei der Berufung des Abraham zeigt sich, dass Gott nicht nur das eine auserwählte Volk möchte, wiederholt sagt der Herr zu Abraham: "Durch dich sollen alle Geschlechter der Erde Segen erlangen."

Das 60. Kapitel des Propheten Jesaia ist überschrieben mit: "Die Wallfahrt der Völker zum gesegneten Jerusalem". Wir hören daraus eine Lesung jedes Jahr am Fest der Erscheinung des Herrn. In einer endzeitlichen Vision spricht der Prophet über künftige Herrlichkeit: "Auf, werde licht, Jerusalem, denn es kommt dein Licht, und die Herrlichkeit des Herrn geht leuchtend auf über dir. ... Völker wandern zu deinem Licht und Könige zu deinem strahlenden Glanz."

Im Neuen Testament erfüllt sich das Kommen des Lichtes: Jesus Christus verkündet: "Ich bin das Licht der Welt", und er sendet auch uns, Licht der Welt, Licht für die Völker zu sein.

Was Paulus im Epheserbrief bekennt, "dass nämlich die Heiden Miterben sind, zu demselben Leib gehören und an derselben Verheißung in Christus Jesus teilhaben durch das Evangelium", wird im heutigen Evangelium in der Gestalt einer Jesusgeschichte vom Herrn selbst bestätigt.

Die junge Kirche hat sich schwer getan, sich vom Judentum loszulösen; es war nicht eindeutig klar, wie weit man offen sein sollte für die außen stehenden Heiden. - Das Apostelkonzil im Jahre 49 ist deutlich ein Beweis für dieses Ringen. Eine Offenbarung Gottes hatte Petrus zuvor ermächtigt, Kornelius, den ersten Heiden, zu taufen.

Das heutige Evangelium zeigt deutlich, wie sehr sich die junge Kirche loslöst vom Anspruch des Judentums, und sich öffnet zu einer weltweiten Gemeinschaft. Diese Öffnung geschieht nicht aus eigener Laune, sondern in der Autorität des Herrn, der dann als der Auferstandene ausdrücklich den Sendungsauftrag ausspricht: "Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern."

In der Person Jesu und in seinem Verhalten der Frau gegenüber zeigt sich die Loslösung vom Judentum und die Wende hin zur Bereitschaft, Heiden in die Heilsgemeinschaft aufzunehmen.

Zunächst weist er die Frau zurück, er gibt keine Antwort. Sie ist ja eine "kanaanäische Frau", eine Heidin, Ausländerin, nicht Jüdin und nicht Christin. - Aber sie hat von Jesus gehört; sie weiß, dass Jesus "Sohn Davids" ist, und sie bittet ihn um Hilfe. - Auch Außenstehende haben Nöte, in denen sie Hilfe brauchen. -

Jesus erweist sich in seinem Verhalten als großartiger Pädagoge. Näher betrachtet ist er wirklich ein Meister der Gesprächstechnik, ein guter Psychologe:

- Zunächst einmal überlegt er, er sagt gar nichts, gibt keine Antwort, er denkt nach.

- Dann gibt er seinen Freunden recht. Er gewinnt seine Zuhörer für sich, die Sympathie derer, die er dann von anderem überzeugen möchte. - Der kluge Mensch hat oft schon gesagt: "Sie haben vollkommen recht, aber ..." - In diesem Sinn bestätigt Jesus die Engstirnigkeit des jüdischen Denkens: "Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt." - Er holt seine Hörer dort ab, wo sie stehen, um sie mitzunehmen in sein neues Denken.

- Er zeigt ihnen in dem Ereignis der Begegnung die Notwendigkeit, anders zu denken. - Wie kann ich einem suchenden Menschen, der glaubt und sich so sehr demütigt wie diese Frau, das Heil Gottes vorenthalten?

Und nun zu Fragen, die an uns gerichtet sind:

- Inwieweit sind wir überzeugt von der Notwendigkeit, den Glauben an andere weiterzugeben? - Sind wir erfüllt von der Erfahrung göttlichen Heils, von innerer Freude und dem Glück einer christlichen Gemeinschaft so sehr erfasst, dass wir gedrängt sind, dies einem anderen mitzuteilen?

Das wäre das eigentliche Motiv, Berechtigung, Auftrag und Sendung aller Mission. - Genauso ist Maria auf ihrem Weg zu Elisabeth Urbild der missionarischen Kirche: Sie trägt Christus in sich und möchte die Freude, die sie selbst erfahren hat, einem anderen mitteilen. -

Wie sind wir als Gemeinde offen und bereit für Menschen, die den Glauben nur vom Hören kennen oder sich nur mit einem ganz kleinen Teil aus dem großen Spektrum des kirchlichen Lebens zufrieden geben? Wie gelingt bei uns der Dialog mit den Fernstehenden? Welchen Jesus finden Hilfe suchende Fernstehende in unserer Gemeinde vor? - Einen abweisenden oder einen aufnehmenden, heilenden Jesus?

Daß Jesus im heutigen Evangelium in sich selbst eine Wandlung vollzogen hat von einem zunächst ausgrenzenden Denken zu einer Weite der Toleranz und Sendung, das soll auch unser Denken beeindrucken und prägen.

In Jesus Christus erfüllt sich, "was durch den Propheten Jesaia gesagt worden ist: ...

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen
und den glimmenden Docht nicht auslöschen".

Ein neues Arbeitsjahr wird uns, dem Pfarrgemeinderat und allen Mitverantwortlichen, ja uns allen, die Frage stellen: Was können wir tun, um das Feuer in unserer Gemeinde wieder neu zu entfachen, damit so mancher Docht, der von außen kommt und in das Feuer hineingehalten wird, wenn auch nur kurz, sich daran entzündet, und so ein ganzes Lichtermeer um uns entsteht.

Amen.

 

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