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Hl. Stephanus, erster Märtyrer

Das Predigten und Fürbittenbuch - www.kirchenweb.at

1. Lesung: Sir 51, 1-8
2. Lesung: Apg 6, 8-10; 7, 54-60
Evangelium: Mt 10, 17-22

 

Am Heiligen Abend um 16 Uhr ist mir einmal in der Schottenfeldgasse ein Bub begegnet, eilenden Schrittes, hastig unterwegs - mit einem Christbaum in der Hand. Ich konnte nicht anders als zu ihm sagen: "Du bist aber reichlich spät d’rann!" Schon war ein Kontakt geknüpft, und ich fragte ihn, wann er denn am Christtag in die Messe kommen wolle?

Die Antwort des Knaben war sehr tiefgründig: "Wissen Sie, mit dem Glauben und der Kirche, das ist so eine Sache bei mir. Ich brauch’ den Glauben eigentlich nicht." - Nun, aber einen Christbaum hat er schon gebraucht ...?

Ich erinnere mich auch an eine andere "Diskrepanz": An den kleinen Oliver, der einmal gesagt hat: "Das Christkind, das gibt’s ja gar nicht!" Und an einen alten Herrn, der mir einmal gesagt hat: "Meinen Christkindlglauben kann mir niemand zerstören."

Wer hat nun recht? Wie lässt sich das vereinen? - Nun, es kommt ganz darauf an, an welches Christkind wir glauben.

Der kleine Oliver hat das Christkind gemeint, das heimlich die Geschenke bringt. Er hat entdeckt, dass nicht das Christkind, sondern Vater und Mutter die Geschenke zum Christbaum legen. Oliver hat recht, dieses Christkind gibt es nicht, das unterwegs ist wie ein Weihnachtsmann.

Der erwachsene alte Mann hat auch nicht ein solches Christkind gemeint. Für ihn ist das Kind in der Krippe der ganze Jesus Christus. Er wollte mit seinem Glauben an das Christkind ein Bekenntnis ablegen: Jesus ist für mich alles, er ist wirklich die innere Kraft meines Lebens.

Und nun zum heutigen Tag: Der Stephanietag weitet unseren Blick. Wenn wir Weihnachten gefeiert haben, soll Jesus nicht nur dieses "harmlose" Kind in der Krippe sein.

Das wäre für uns Christen sehr "bequem" gewesen, wäre Jesus immer nur ein Kind geblieben. Als Baby hätte er nichts sagen können, er hätte keine Gebote erlassen, keine Forderungen gestellt, uns zu nichts verpflichtet.

So aber hat er uns in seine Nachfolge gerufen, wollte er Umkehr, hat er uns das Gebot der Liebe aufgetragen, hat er uns ein Beispiel gegeben und beim Abendmahl auch noch dazugesagt: "Tut dies zu meinem Gedächtnis!" ...

Bei all dem aber, was Jesus von uns wollte, gilt es vor allem zu sehen: Er hat durch seine Hingabe Erlösung erwirkt.

Der Himmel hat sich geöffnet durch das Kommen des Herrn; durch die Erlösung am Kreuz, durch Tod und Auferstehung des Herrn, haben wir nun Zugang zum Vater, steht die in der Menschwerdung eröffnete Tür nun offen für uns und unseren Heimgang.

Jesus wollte nicht nur in diese Welt kommen, um dann wieder fort zu gehen, er wollte bleibende Gegenwart sein. Die Sendung des Heiligen Geistes hat es ermöglicht, dass wir "den Himmel offen" sehen - nicht erst im Sterben, sondern jetzt schon im Leben.

"Schau, dein Himmel ist in mir", heißt es in dem Lied "Morgenstern der finstern Nacht". Es erfüllt sich das Wort von Jesus: "Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen."

Stephanus war "voll Gnade und Kraft", "Wunder und große Zeichen" konnte er kraft dieses Geistes wirken. - Der hl. Stephanus ist zunächst einmal ein Vorbild dafür, wie man aus der Kraft Gottes leben kann.

Bezeichnend für Stephanus ist, dass er Diakon war. Er ist also heilig geworden nicht durch das Priestertum, sondern durch den Dienst. Die Diakone wurden ursprünglich zur Versorgung der Witwen und zum "Dienst an den Tischen", also zur Armenversorgung, zum Verteilen der materiellen Güter im Sinne der Caritas, geweiht.

Ihre Aufgabe war es, Christus darzustellen, in der Person Jesu Christi zu handeln, und zwar nicht beim Feiern der Eucharistie und bei der Verkündigung des Wortes, sondern im Dienst an den Armen. Sie haben die Eucharistie "ergänzt" durch das Beispiel der gelebten Verwirklichung der Hingabe Jesu, sie haben das Wort verkündet durch die Tat.

Auch hier lernen wir von Stephanus, worauf es ankommt. Wenn wir "den Himmel in uns tragen", Christus zur Rechten des Vaters vor uns sehen, müssen wir Christus auch im Nächsten sehen.

Wir wissen um diese Notwendigkeit, und wiesehr wir schuldig sind, weil wir immer wieder zu wenig die Not des Mitmenschen sehen und dagegen tun. - Andererseits ist Religion auf jeden Fall mehr als bloß reine "Mitmenschlichkeit".

Es ist ganz wesentlich, dass wir glauben an ein Leben nach dem Tod, an einen Gott, zu dem hin wir unterwegs sind, der allein unserem Leben Sinn gibt. - Unser ganzes Leben ist getragen und erfüllt von dem Gedanken und der Gewissheit, ganz auf Gott hin ausgerichtet zu sein.

So konnte Stephanus auch über all den Dingen stehen, die ihm widerfahren sind, konnte er durch seinen Glauben auch im Tod bestehen.

Bei einer Seelenmesse beten wir oft für den Verstorbenen: "Wie er in Christus gestorben ist, so lass ihn auch durch Christus auferstehen."

Das trifft für Stephanus wohl in besonderer Weise zu. Er ist wie Christus gestorben, grausam aber vergebend, den Himmel offen sehend.

Ich wünsche Ihnen nicht, dass auch Sie grausam hingerichtet werden, oder dass Sie einmal viel leiden müssen, - das wünschen wir uns alle nicht, und auch in diesem Sinn beten wir oft um "eine gute Sterbestunde". - Wir können aber vergeben und können "den Himmel offen" sehen, und das jetzt schon, nicht erst "in der Stunde des Todes".

Amen.

 

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