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Sonntag der Gemeindeerneuerung

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1. Lesung: Gal 3, 26-28
2. Lesung: Phil 2, 5-11
Evangelium: vom Sonntag:
Mk 10, 17-30

 

Als Thema für meine Predigt zum Sonntag der Gemeindeerneuerung ist mir eingefallen, was eigentlich nach Sciencefiction klingt: "Zurück in die Zukunft". So ähnlich war es auf den Einladungsblättern zu lesen: "Blick zurück nach vorn". Über die Bedeutung dieser Worte wollte ich ein wenig nachdenken.

"Zurück in die Zukunft". - Trifft das nicht sogar sehr treffend das Wesen von Kirche? - Kann dieses Wortspiel auch etwas hergeben für unsere Gemeinde?

Schon sammle ich Gedanken, wie wir in der Pfarre die Jahrtausendwende gestalten werden. - Wie steht es um die Zukunft der Kirche?

Ein sehr guter Artikel von unserem Bischofsvikar Anton Berger ist mir in der Zeitung "Kirche in Wien" aufgefallen. Sehr realistisch stellt der Bischofsvikar fest, dass die Kirche in Wien eine Minderheit sein wird:

"Es wartet viel Arbeit auf uns. Denn in den kommenden Jahren wird sich die Katholikenzahl in unserer Stadt weiter verkleinern - wir werden unter die 50-Prozent-Grenze sinken, d. h. wir werden als eine starke Minderheit unter der Mehrheit von Nichtkatholiken leben. Das wird eine grundsätzliche Umstellung in allen Bereichen zur Folge haben. Wir werden unser Apostolat, unsere Heimatmission bewusster in Angriff nehmen müssen. Jeder von uns wird seine Gläubigkeit immer wieder neu reflektieren und am Gesamtauftrag der Gemeinde, der (Orts- und Welt-) Kirche neu justieren müssen. Als Gemeinden müssen unsere Gottesdienste, die Sakramente so gefeiert werden, dass die Menschen, die sie feiern, die Chance haben, auf den liebenden und hilfreichen Gott zu treffen."

Ich glaube doch, dass auch ich schon oft mit ganz bestimmten Worten der Predigt versucht habe, Christen und die Gemeinde auf diese kommende neue Situation vorzubereiten: Wir müssen den Mut haben, anders zu sein als eine weitgehend liberale Gesellschaft. Dem Christen wird eine bewusste Entscheidung abverlangt, auch gegen den Strom der Zeit und der Gesellschaft christliche Überzeugung zu leben.

Im Siebentagesblatt "Die ganze Woche" - in der Ausgabe vom 1. Oktober - hat "der liebe Augustin" einen stellenweise äußerst guten Kommentar geschrieben. Ich möchte Ihnen - gleichsam zur Ermutigung - auch von hier das Entscheidende vortragen, weil sehr positiv dargelegt wird, dass die Zukunft der Kirche nicht nur Vergangenheit ist:

"Die Kirche wird künftig politisch wieder mitmischen und - überparteilich - zu politischen Fragen Stellung beziehen.

In einer Situation, in der man moralische Instanzen in der Politik und auch anderswo nicht einmal mehr mit der Lupe findet, kann das nicht schaden. Schließlich leben wir in einer Welt, die von Tag zu Tag mehr verrückt spielt, in einer Welt, in der die Schicksale der einzelnen und der Zustand unserer Umwelt immer weniger zählen, wenn nur die Wirtschaft und der materielle Gewinn wachsen und wachsen und wachsen ...

Die Natur wird ausgebeutet, als bräuchten wir sie morgen nicht mehr, und die Menschen nicht minder: Arbeitskräfte sind nur noch dann gefragt, wenn sie billig, billiger, am billigsten sind. Das treibt die Gewinne in ungeahnte Höhen, und um das Abfallprodukt "Arbeitslose" kann man sich unter solchen Umständen natürlich nicht kümmern. ... Wenn eine Firma nur genügend Mitarbeiter vor die Tür setzt, kann man Gift darauf nehmen, dass ihre Aktienkurse raketenartig in die Höhe schießen - geringere Personalkosten, mehr Gewinn, glückliche Aktionäre. Nach unglücklichen Familien, zerstörten Existenzen und früheren Leistungen fragt keiner. ...

Dem vorzubeugen, also die Stimme der Schwachen zu sein ..., wäre für die Kirche eine maßgeschneiderte Aufgabe. Und sie hätte noch immer genug Anhänger, um eine Gegenbewegung einzuleiten."

Das wäre also ein Aspekt von Kirche, der interessant ist für die Zukunft.

Was ganz wesentlich aber hinzukommt, und das muss nun auch endlich gesagt werden: Die Kirche hat nur dann Zukunft, wenn sie stark und lebendig ist in den Gemeinden. Die Kirche ist nicht allein der Bischof, die Kirche ist - gemeinsam mit ihm - das VOLK Gottes. Die Autorität der Kirche ist nicht ein Machtwort von oben, die Kraft der Kirche ist die gemeinsame Überzeugung von allen Gliedern der kirchlichen Gemeinschaft.

Und dann muss noch etwas mit eingebracht werden: Zum eigentlichen Gottesbezug ist noch überhaupt nichts gesagt worden. Die Kirche ist ja nicht eine politische Partei oder bloß ein Sozialfaktor. - Sie besteht aus Christen, aus Menschen, die einen geistigen Bezug zu Gott haben.

Schämen wir uns nicht dieser Dimension. Es ist uns nicht nur die Nächstenliebe - politisches Engagement und Erhaltung der Umwelt -aufgetragen. An erster Stelle des Doppelgebotes der Liebe, das uns von Jesus her gegeben ist, steht die Liebe zu Gott.

Auch durch das Gebot, Gott zu lieben, kommen wir zueinander - auf Gemeinde hin: Denn wir glauben und lieben nicht einen diffusen Wettergott, an irgendetwas, ein höheres Wesen, das man "Schicksal" nennt, an einen Wald- und Wiesen- oder Berggipfelgott, wir glauben an den dreifaltigen Gott, der untrennbar verbunden ist mit dem Leben der Kirche, - der gerade dann da ist, "wenn zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind."

Und jetzt kommen wir zum "Rückschritt", zum Blick in die Vergangenheit: Es gibt für die Kirche keine Zukunft ohne die Rückbindung, ohne die Rückschau auf Jesus Christus. An seinem Leben und Tun - wie er das Reich Gottes verkündet und Menschen in Dienst genommen hat - wird sich alle Zukunft der Kirche orientieren müssen. - Eine Kirche ohne Jesus Christus, das ist ein Unding, das existiert einfach nicht.

Wenn Kirche uns etwas bedeutet, und sie auch Zukunft haben wird, so dürfen wir ""Rück-schau" und "Rück-bindung" auf Jesus Christus nicht nur historisch verstehen! - Es gibt ja nicht nur den historischen Jesus, vielmehr auch den, der heute lebt.

Auch wenn ich mir zuvor zum Thema gemacht habe: "Zurück in die Zukunft", so dürfen wir doch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft niemals ganz auseinanderdividieren.

Gerade in der Liturgie verschmelzen diese Zeitbegriffe - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - ineinander. In der Liturgie gibt es nur ein einziges Heute von Gottes Gegenwart. Da gilt für die Kirche im allgemeinen, wie auch für jede kleine Gemeinde, in der gemeinsam Gottesdienst gefeiert wird: Sie ist Ort von Gotteserfahrung, hier ereignet sich Gottesbegegnung.

Sollte Kirche und unser Gemeindeleben unglaubwürdig sein, dann sind - so glaube ich - eher wir schuld, und nicht der liebe Gott. Denn von ihm her ist Kirche gedacht als der innerweltliche Ort seines Heiles.

Ist die Liturgie "Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der ihre Kraft strömt", so wird sich auch jetzt - in der Feier der Eucharistie - "Gemeindeerneuerung" vollziehen. Wir machen den Blick zurück in die Zukunft: Zum Abendmahl von Jesus, das sich heute ereignet - hier und jetzt -, und das vorwegnimmt, was im Himmel die endgültige Zukunft der Kirche sein wird.

Amen.

 

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