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Gedächtnis der Schmerzen Mariens

Das Predigten und Fürbittenbuch - www.kirchenweb.at

1. Lesung: Röm 8, 31b-39
2. Lesung: Hebr 5, 7-9
Evangelium: Lk 2, 33-35

 

Bei einer Wallfahrt nach Lourdes beeindruckt es jedes mal, das viele Leid zu sehen, die Unmenge der Kranken, die auf Liegen und in Rollstühlen zu den heiligen Stätten geführt werden; und doch wird man erfüllt, mitgerissen und überwältigt von der Hoffnung, die sich über dieses Leid hinwegsetzt. Man erkennt, dass hier ein Geist lebendig ist, der über all dem Leid steht.

Ich habe das in Lourdes so empfunden, dass Leid hier nicht nur ein "Nährboden" ist für die Hoffnung und den Glauben; vielmehr wird das gesamte Leid, das hier verdichtet zu sehen ist, emporgehoben auf eine höhere Stufe zu Gott hin. Und wenn auch nicht jedem eine Wunderheilung zuteil wird, so geschieht doch an jedem eine Heiligung, erfährt jeder Gnade und Zuwendung Gottes.

Jeder wird in seinem Denken umgeformt, dass er, über das Leid erhaben, so beten kann wie der Apostel Paulus: "Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? ... all das überwinden wir durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Gewalten der Höhe oder der Tiefe noch irgendeine Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn."

Und tatsächlich geschehen in Lourdes viel mehr wunderbare Heilungen, als in kirchlichen und medizinischen Dokumenten bezeugt. - Viele haben schon durch eine einfache Erkenntnis Heilung erfahren: Was ist mein Leid gegen all die Not und Krankheit, die ich dort sehe. - Das ist wirklich eine heilsame Erkenntnis, wie sehr wir gesund sind, wie gut es uns geht, wie dankbar wir sein müssen.

Das Schauen des Leides ist heilsam. - Diesen wichtigen Gedanken möchte ich Ihnen vermitteln, wenn wir ein Bild vor uns haben mit der schmerzhaften Mutter, die den Leichnam ihres toten Kindes in den Armen hält.

Der Schmerz einer Mutter, die um ihr Kind trauert, ist sicher sehr berührend. Im Lied "Christi Mutter stand mit Schmerzen" heißt es: "Alles Leid hielt sie umfangen, das nur je ein Herz durchdrang."

Das Schauen des Leides ist heilsam. - Das gilt in besonderer Weise für das Gnadenbild der schmerzhaften Mutter. - Und nicht zuletzt ist auch der Blick auf das Kreuz ein heilendes Schauen des Leides. Vor dem Zeichen des Kreuzes wird uns bewusst: Gott hat "die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat."

In der Pfarre St. Leopold, wo ich Kaplan war, da hat es zwei Marienbilder gegeben, eines vorne am Hochaltar und eines hinten beim Eingang. Das Bild am Hochaltar war ein frohes Marienbild, fast ein bisschen lustig anzusehen und hieß: Maria, die Trösterin der Betrübten.

Interessant aber, dass die Leute meistens vor dem anderen Marienbild gebetet haben, vor dem Bild der schmerzhaften Mutter. Maria war dargestellt ohne Jesuskind, wie eine Mutter, die ihr Kind verloren hat; ihr Gesicht war voll der Trauer, eine Träne floss aus ihrem Aug; und ich meine, dass die Augen dieses Bildes der zentrale Mittelpunkt und die Aussage des Bildes waren. Die Augen der schmerzhaften Mutter waren genau auf den Beter ausgerichtet, schauten aber nicht auf die Augen des Beters, sondern in das Innerste seiner Seele.

Eine ungemeine Ruhe, ein "Seelenfrieden", ist von diesem Bild ausgegangen. Das Empfinden, das im Schauen des Bildes vermittelt wurde, erinnert an das Jesuswort: "Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen."

Wir haben auch bei uns in der Pfarre eine sehr schöne und ansprechende Pieta dargestellt auf dem Fastentuch. Das Bild der schmerzhaften Mutter mit dem Leichnam ihres toten Kindes wird zum zentralen Mittelpunkt für die Kirche. Das Bild hat eine sehr starke Ausstrahlung, es zeigt das Leid der trauernden Mutter, und doch vermittelt Maria den Eindruck eines Thrones, wird in diesem feierlichen Thronen die Erhöhung und die Würde des Leides dargestellt.

Es geht darum, dass wir vor dem Bild der schmerzhaften Mutter eine Heilung erfahren. - Das Schauen des Leides ist heilsam.

Es wird durch ein Bild die Wortbotschaft Gottes dargestellt: Du bist im Leid nicht allein. Gerade im Leid soll Gott sich offenbaren und bewähren als der "Immanuel", der "Gott mit uns", und Jesus tatsächlich Heiland und Retter sein. - Das Bild verkündet Frohe Botschaft und vermittelt die innere Erkenntnis: "Er hat all unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich genommen ..., durch seine Wunden sind wir geheilt."

Ich möchte das Bild der schmerzhaften Mutter nicht überbewerten, Maria nicht mehr als Jesus verehren, und doch beide Zeichen - das Kreuz, wie auch das Marienbild - in dieser Einheit sehen: dargestellt wird LIEBE.

Zum Kreuz sagt Jesus selber: "Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt."

Und zum Bild der schmerzhaften Mutter ist uns bekannt aus dem Alten Testament, wie sehr Gott seine Liebe zu uns Menschen vergleicht mit der Liebe einer Mutter zu ihrem Kind: "Wie eine Mutter ihr Kind tröstet, so tröste ich euch". - "Kann denn eine Frau ihr Kind vergessen, eine Mutter ihren eigenen Sohn? Und selbst, wenn sie ihr Kind vergessen würde: Ich vergesse dich nicht."

Ich glaube, das Bild der schmerzhaften Mutter will gerade im Leid dieses nicht Vergessensein vermitteln.

Das Bild der schmerzhaften Mutter soll aber nicht nur Bedeutung haben für jeden von uns persönlich. Ich möchte es weiter ausdeuten, fragen, ob es nicht auch für die Kirche etwas sagen kann. - Hat das Bild der Pieta nicht auch für Kirche und Gemeinde einen "geistlichen Nutzen"? - Wird hier etwas dargestellt oder ersichtlich, was für eine Pfarrgemeinde Richtung weisend sein kann? - Ist Maria das "Urbild" und die "Mutter der Kirche" nur, wenn sie das frohe Jesuskind in den Armen hält? - Wie ist das zu verstehen, wenn Maria dargestellt auch mit dem toten Leichnam ihres Sohnes Jesus Christus "Urbild und Mutter der Kirche" ist?

Die Erkenntnis, dass wir gerade auch im Leid und selbst "in der Stunde des Todes" im Schoß der Mutter geborgen sind, auf die Fürsprache Mariens vertrauen, das können wir leicht übertragen auf die gesamte Kirche: Gerade auch in schweren Zeiten weiß sich die Kirche geborgen, gehalten und nicht fallengelassen, von Maria, der "Mutter der Kirche".

Wenn uns eine Pieta Mutterliebe erkennen lässt, so gilt das auch der Kirche, uns, ein lebendiges Bild von Kirche zu sein. Wir wissen, dass in diesem Bild noch vieles der Erlösung bedarf, und dennoch ist Kirche für uns Erfahrungsort von Liebe.

Es ist ein bisschen gewagt, im Leichnam Jesu die "sterbende Kirche" zu sehen, eine Kirche, die an Kraft und Leben verloren hat. Maria als Urbild und Mutter einer auch solchen Kirche zeigt uns aber, dass jeder - auch der Leblose, der Fernstehende, der Ausgetretene und der im Leben Gescheiterte - doch einen festen Platz hat im Schoß der liebenden Mutter. Konkret ist dies ein Auftrag für die Pfarrgemeinde: Jeder soll in dieser Gemeinschaft erfahren: Auch du bist von der Gemeinde ernst- und angenommen.

Eine Pieta zeigt uns das Mit-leid; sie zeigt, was uns aufgetragen ist.

Wir haben einen Gott, der mitfühlen kann mit all unserer Schwäche, und es gilt gerade vor diesem Bild: "Wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben."

Es geht bei der Pfarrcaritas - bei der Verwirklichung einer fürsorgenden Liebe - nicht nur um finanzielle Hilfe an Fernstehenden, wir müssten uns auch innerhalb des Kernbereiches darum bemühen, mehr eine seelische Gemeinschaft zu sein, eine Gemeinschaft, in der man sich seelisch verstanden und angenommen weiß, nicht nur in der Freude, auch im Leid.

Gerade im Leid sollten wir als Kirche Seligpreisungen leben: "Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden."

Wenn wir das Leid mehr "mit-teilen" und miteinander teilen, dann machen wir mit Gemeinschaft "ernst". Dann werden wir sicher auch besser und glaubwürdiger Zeugen von Auferstehung sein, Künder der Frohen Botschaft, wie uns dies ja allen aufgetragen ist.

Amen.

 

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